Unterhalt volljähriges Kind Nachweise sind entscheidend, um Ansprüche korrekt zu berechnen. Erfahre, was Eltern tun können, wenn das Kind keine Belege liefert.

Fallbeispiel eines volljährigen Kindes
Ein Vater steht vor einer schwierigen Situation: Sein 18-jähriges Kind besucht eine Berufsfachschule, lebt nicht mehr bei der Mutter und verlangt weiter Unterhalt. Der bestehende Titel stammt noch aus der Zeit der Minderjährigkeit. Während der Vater seine Einkommensnachweise, Fahrtkosten und Ausgaben für Arbeitskleidung offenlegt, weigert sich das Kind, Zeugnisse und Angaben zum Einkommen der Mutter zu übermitteln. Eine klare Berechnungsgrundlage fehlt – und das Jugendamt erkennt nur einen Teil der Aufwendungen an.
Der Vater fragt sich: Muss ich mehr zahlen, obwohl das Kind keine Nachweise liefert? Die Antwort darauf ist juristisch klarer, als viele denken – aber praktisch oft kompliziert.
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Pflicht und Nachweispflicht
Gemäß § 1601 BGB sind Eltern grundsätzlich verpflichtet, ihren Kindern Unterhalt zu leisten. Doch ab dem 18. Lebensjahr gilt: Beide Elternteile sind anteilig verantwortlich, und das Kind selbst ist auskunftspflichtig.
Nach § 1605 BGB besteht eine klare Pflicht zur Offenlegung von Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Das betrifft nicht nur die Eltern, sondern auch das volljährige Kind, wenn es Unterhalt fordert. Ohne Nachweise über Schulbesuch, Ausbildung oder Einkommen kann der Anspruch weder geprüft noch durchgesetzt werden.
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Das Jugendamt hat in solchen Fällen keine Entscheidungsgewalt. Es darf nur Berechnungsvorschläge machen, aber keine verbindlichen Änderungen am Titel vornehmen. Die eigentliche Änderung oder Aufhebung kann nur das Familiengericht gemäß § 239 FamFG anordnen.
Wenn das Kind also über das Jugendamt eine Neuberechnung anstrebt, aber keine Unterlagen liefert, bleibt der alte Titel grundsätzlich bestehen. Eine Anpassung ist nur möglich, wenn beide Seiten zustimmen oder ein Gericht entscheidet.
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Abwarten oder handeln?
Viele Eltern wählen zunächst die Abwarten-Strategie – und das ist oft klug. Denn solange das Kind keine ausreichenden Nachweise liefert, kann es seinen Anspruch nicht beweisen. Nach der Rechtsprechung (u. a. OLG Hamm, 15 W 51/15) gilt: Ein Anspruch auf Unterhalt besteht nur, wenn der Bedarf und die Bedürftigkeit nachvollziehbar dargelegt werden.
Das bedeutet konkret: Ohne Schulbescheinigung, Zeugnisse oder Angaben zum Einkommen des anderen Elternteils fehlt die rechtliche Grundlage. In diesem Fall darf der Unterhaltspflichtige den bisherigen Betrag weiterzahlen, ohne Risiko einer sofortigen Vollstreckung – solange der Titel nicht abgelaufen oder abgeändert ist.
Rechtlicher Druck durch Auskunftsverlangen
Ein Elternteil kann das volljährige Kind schriftlich auffordern, die erforderlichen Nachweise vorzulegen. In diesem Schreiben kann auch eine Frist gesetzt und auf mögliche rechtliche Schritte hingewiesen werden, falls die Auskunft verweigert wird.
Bleibt das Kind untätig, kann eine Abänderungsklage nach § 238 FamFG eingereicht werden – im Extremfall sogar mit dem Ziel, den Unterhalt auf 0 € zu setzen, bis vollständige Unterlagen vorliegen.
Risiken bei falscher Reaktion
Gefahr der Zwangsvollstreckung
Ein häufiger Fehler: Eltern glauben, der alte Titel verliere mit der Volljährigkeit automatisch seine Gültigkeit. Das stimmt nicht. Ein unbefristeter Titel kann weiter bestehen und sogar zwangsweise vollstreckt werden.
Daher ist es wichtig, rechtzeitig einen Antrag auf Abänderung oder Herausgabe des Titels zu stellen. Wird das versäumt, kann das Kind rückwirkend Forderungen stellen – selbst wenn es keine Nachweise geliefert hat.
Kosten und Prozessrisiken
Ein gerichtliches Verfahren kann teuer werden. Anwälte schätzen die Gesamtkosten auf 850 – 2500 Euro. Sollte das Kind klagen und die Nachweise nachträglich beibringen, kann das Gericht auch rückwirkend höheren Unterhalt festsetzen. Deshalb ist eine klare Dokumentation aller bisherigen Zahlungen und Schriftwechsel entscheidend.
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Schriftliche Kommunikation
Alle Aufforderungen sollten immer schriftlich erfolgen – idealerweise mit Datum und Zustellnachweis. Das beweist, dass man seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist.
Teilzahlungen als Darlehen
Einige Fachanwälte empfehlen, den Unterhalt vorübergehend als Darlehen zu zahlen, bis alle Nachweise vorliegen. Lehnt das Kind diesen Vorschlag ab, kann das als Hinweis auf fehlende Bedürftigkeit gewertet werden. Diese Strategie sollte jedoch nur nach anwaltlicher Beratung angewandt werden.
Kooperation mit dem Jugendamt
Auch wenn das Jugendamt keine rechtliche Entscheidung treffen kann, kann es vermitteln. Ein freiwilliger Zug-um-Zug-Titelwechsel – also Rückgabe des alten und Ausstellung eines neuen Titels – ist oft der pragmatischste Weg, wenn die Nachweise endlich vollständig sind.
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Das OLG Celle (10 WF 76/13) stellte klar, dass das Jugendamt keine eigenständige Berechtigung hat, volljährige Kinder zur Auskunft zu berechtigen.
Das OLG Hamm (15 W 51/15) entschied dagegen, dass ein Jugendamtstitel grundsätzlich auch nach Eintritt der Volljährigkeit fortgelten kann – allerdings ohne automatische Anpassung an höhere Altersstufen.
Diese unterschiedlichen Auffassungen zeigen, wie wichtig eine gerichtliche Klärung ist, wenn das Kind keine Belege vorlegt.