Kinderunterhalt steuerfrei anrechnen – Was zählt wirklich zum Einkommen? In diesem Artikel wird ein realer Fall aufgerollt, bei dem steuerfreie Zuschläge wie Verpflegung und Telefon auf den Unterhalt angerechnet werden. Überraschende Antworten warten!

Kindesunterhalt trotz Hauskredit – ein Beispiel
Alfonz ist Paketzusteller und lebt allein in einem Eigenheim, das er gemeinsam mit seiner Ex-Ehefrau gekauft hat. Die Ehefrau ist längst ausgezogen, die monatliche Kreditrate von 1000 Euro trägt Alfonz nun allein. Als wäre das nicht genug, muss er zusätzlich 354,50 Euro monatlichen Kindesunterhalt zahlen – für ein Kind, das aus einer anderen Beziehung stammt. Sein Nettoverdienst liegt bei 1556 Euro, hinzu kommen steuerfreie Zuschüsse in Höhe von 294 Euro für Verpflegung, 20 Euro Telefonpauschale und 40 Euro Auslagenersatz. Doch reicht das Einkommen überhaupt aus? Und vor allem: Dürfen diese steuerfreien Beträge beim Kindesunterhalt angerechnet werden?
Die Frage ist gar nicht so ungewöhnlich, wie sie klingt. Viele Väter – oder seltener auch Mütter – kämpfen mit ähnlichen finanziellen Belastungen. Wenn das Geld kaum reicht, jede Rechnung doppelt schmerzt und trotzdem der gesetzliche Mindestunterhalt verlangt wird, bleibt nur noch die Suche nach rechtlichen Spielräumen.
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Der gesetzliche Mindestunterhalt richtet sich in Deutschland nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle, die jährlich angepasst wird. Für Kinder der ersten Altersstufe beträgt dieser Mindestwert zurzeit etwa 354 Euro monatlich – genau der Betrag, den auch Alfonz zahlen muss. Doch wie verbindlich ist dieser Betrag?
Gesteigerte Erwerbsobliegenheit
Elternteile, die nicht mit dem Kind zusammenleben, unterliegen einer sogenannten gesteigerten Erwerbsobliegenheit. Das bedeutet: Auch wenn das eigene Einkommen gering ist, besteht die Pflicht, jede zumutbare Arbeit aufzunehmen oder das Einkommen zu steigern, um wenigstens den Mindestunterhalt zahlen zu können. Laut § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB darf die Unterhaltspflicht nur dann entfallen oder reduziert werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass auch bei maximaler Auslastung kein höheres Einkommen erreichbar ist.
Das ist in der Praxis schwer nachzuweisen. Gerichte verlangen klare Belege: Arbeitszeiten, Bewerbungen, Reaktionszeiten auf offene Stellen, Nebenjobversuche – all das muss lückenlos dokumentiert sein.
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Alfonz verdient netto 1556 Euro. Doch hinzu kommen steuerfreie Zuschläge. Und genau hier wird es spannend.
Verpflegungszuschuss als Einkommen?
Laut Rechtsprechung und Fachliteratur zählen steuerfreie Verpflegungszuschüsse grundsätzlich zum Einkommen, allerdings nur anteilig. In der Praxis werden etwa ein Drittel dieser Zuschläge berücksichtigt. Warum? Weil sie – anders als der Lohn – zweckgebunden sind. Man kann also argumentieren, dass diese Zuschüsse den tatsächlichen Lebensunterhalt nicht voll mitfinanzieren.
In Alfonz’ Fall wären das also von 294 Euro etwa 98 Euro, die zum unterhaltsrelevanten Einkommen gezählt würden. Das erscheint fair – ist aber kein Muss. Wer nachweisen kann, dass die Zuschüsse vollständig für dienstliche Zwecke verwendet werden (z. B. durch Tankbelege, Essensnachweise), kann unter Umständen auch eine vollständige Herausrechnung durchsetzen.
Telefonpauschale und Auslagenersatz
Die Telefonpauschale von 20 Euro ist im Zusammenhang mit Alfonz’ Tätigkeit als Paketzusteller zu sehen. Da er sein privates Handy beruflich nutzt, ersetzt der Arbeitgeber anteilig die Kosten. Auch hier gilt: Solche Pauschalen können berücksichtigt werden – aber nicht zwingend vollständig.
In der Praxis akzeptieren Gerichte häufig Teilanrechnungen. Ein Beispiel: Von den 20 Euro werden 10 Euro als privat nutzbar eingestuft und damit dem Einkommen hinzugerechnet. Für den Auslagenersatz von 40 Euro gelten ähnliche Grundsätze. Ohne Nachweise erfolgt meist eine pauschale Teilanrechnung.
Relevanz des Gesamtbetrags
Rechnen wir zusammen: 1556 Euro + 98 Euro (Verpflegung) + 10 Euro (Telefon) + 15 Euro (Auslagen) ergeben etwa 1679 Euro. Damit liegt Alfonz oberhalb des sogenannten Selbstbehalts – also dem Betrag, der ihm nach Abzug des Unterhalts mindestens zum Leben bleiben soll.
Dieser Selbstbehalt beträgt laut § 1603 Abs. 1 BGB derzeit 1.450 Euro für Erwerbstätige. Mit 1679 Euro Einkommen und 354,50 Euro Unterhalt verbleiben Alfonz jedoch nur rund 1324 Euro – also unterhalb des Selbstbehalts. Was nun?
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Der Selbstbehalt ist kein festes Schutzschild. Er schützt zwar davor, selbst mittellos zu werden, aber nur, wenn keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit vorliegt. Bei Kindesunterhalt ist dieser Schutz eingeschränkt. Und genau da wird es bitter für viele Betroffene.
Unterhalt trotz Unterschreitung des Selbstbehalts?
Ja, das ist möglich. Gerade beim Mindestunterhalt ist der Gesetzgeber knallhart. Wenn man nicht mehr verdient, heißt das noch lange nicht, dass man weniger zahlen darf. Gerichte setzen oft voraus, dass man sich anstrengt – etwa durch Zweitjob, Überstunden oder Stellenwechsel.
Anders sieht es nur aus, wenn gesundheitliche, altersbedingte oder beruflich nachgewiesene Gründe vorliegen, die eine Einkommenserhöhung unmöglich machen. Ohne solche Nachweise bleibt es bei der Verpflichtung, selbst bei finanzieller Überlastung.
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Hier liegt ein weiterer Knackpunkt. Alfonz zahlt monatlich 1000 Euro Kredit für ein Haus, das ihm zur Hälfte gehört. Die andere Hälfte gehört seiner Ex-Frau – die sich jedoch nicht mehr beteiligt. Kann man diese Belastung bei der Unterhaltsberechnung anrechnen?
Hauskredit als Abzugsposition
Grundsätzlich sind Schulden bei der Unterhaltsberechnung nur dann zu berücksichtigen, wenn sie der eigenen Daseinsvorsorge dienen – etwa Mietkosten oder berufsbedingte Kredite. Bei einem selbst bewohnten Haus wird differenziert: Ist die Belastung angemessen? Dient sie dem eigenen Unterhalt? Und wie hoch ist der Wohnwert?
Gerichte verlangen in solchen Fällen oft eine genaue Gegenüberstellung von Belastung und Wohnwert. Wenn Alfonz zum Beispiel zur Miete wohnen würde, hätte er auch Mietkosten. Diese würden ebenfalls vom Einkommen abgezogen. Ist die Kreditrate also ähnlich hoch wie die ortsübliche Miete, kann sie in Teilen berücksichtigt werden.
Anspruch auf Beteiligung der Ex-Frau?
Ein weiterer Aspekt: Alfonz könnte theoretisch seine Ex-Frau auf Beteiligung an den Kreditraten verklagen. Immerhin ist sie Miteigentümerin. Doch Achtung: Im Gegenzug könnte sie Nutzungsentschädigung verlangen – etwa für die alleinige Nutzung ihres Anteils am Haus. Diese gegenseitigen Ansprüche heben sich oft auf – rechtlich nennt man das “Nullsummenspiel”.
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Wer mit steuerfreien Zuschüssen wie Verpflegungspauschalen oder Telefonkosten arbeitet, fragt sich zurecht, ob diese Beträge beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden dürfen. Die klare Antwort lautet: Ja, aber nur teilweise. In der Regel fließt ein Drittel dieser steuerfreien Beträge in die Unterhaltsberechnung ein, sofern sie nicht zweckgebunden belegt werden können. Entscheidend ist jedoch nicht allein das Brutto-Netto-Gefälle, sondern die Frage, ob der Unterhaltspflichtige den gesetzlichen Mindestunterhalt zahlen kann – und notfalls auch muss. Denn gerade beim Kinderunterhalt greifen strengere Maßstäbe, insbesondere durch die sogenannte gesteigerte Erwerbsobliegenheit gemäß § 1603 Abs. 2 BGB. Wer also glaubt, durch laufende Kredite und fixe Ausgaben einen Spielraum zu haben, wird häufig enttäuscht – vor allem wenn der Selbstbehalt unterschritten wird und das Gericht trotzdem den vollen Betrag verlangt. Die steuerfreien Positionen können den Unterschied ausmachen, aber sie ersetzen kein tragfähiges Gesamtkonzept. Wer sich in einer ähnlichen Lage befindet, sollte frühzeitig prüfen lassen, ob eine Anpassung des Unterhalts rechtlich begründbar ist.
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Muss ich steuerfreie Zuschläge beim Kindesunterhalt angeben?
Ja, grundsätzlich gelten auch steuerfreie Zuschläge wie Verpflegungszuschüsse oder Telefonpauschalen als Einkommen – zumindest anteilig. Sie werden in der Regel mit etwa einem Drittel angesetzt, wenn kein Nachweis über zweckgebundene Verwendung vorliegt. Das spielt bei der Frage, ob Kinderunterhalt steuerfrei anrechnen möglich ist, eine große Rolle.
Was bedeutet gesteigerte Erwerbsobliegenheit?
Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit (§ 1603 Abs. 2 BGB) verpflichtet unterhaltspflichtige Elternteile dazu, alle zumutbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Mindestunterhalt zu leisten. Selbst bei geringem Einkommen wird erwartet, dass Nebenjobs oder Mehrarbeit in Betracht gezogen werden.
Welche Rolle spielt der Selbstbehalt beim Kindesunterhalt?
Der Selbstbehalt schützt grundsätzlich das Existenzminimum. Allerdings wird dieser Schutz beim Kindesunterhalt stark relativiert. Auch wenn der Selbstbehalt unterschritten wird, kann der Mindestunterhalt verlangt werden – sofern keine Unzumutbarkeit nachgewiesen werden kann.
Kann ich laufende Kredite vom Einkommen abziehen?
Nur unter bestimmten Voraussetzungen. Kredite für ein selbst bewohntes Haus können berücksichtigt werden, wenn die Belastung in einem angemessenen Verhältnis zum Wohnwert steht. Eine volle Anrechnung ist selten, insbesondere wenn Miteigentum durch eine dritte Person vorliegt.
Wird der Verpflegungszuschuss vollständig angerechnet?
Nein, in der Praxis wird meist ein Drittel des Verpflegungszuschusses dem Einkommen zugerechnet. Dies gilt als grobe Faustregel und kann je nach Einzelfall variieren – insbesondere, wenn eine vollständige dienstliche Verwendung nachgewiesen wird.
Was passiert, wenn ich den Mindestunterhalt nicht zahlen kann?
In diesem Fall müssen Sie nachweisen, dass Sie objektiv nicht in der Lage sind, mehr zu verdienen – etwa wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder fehlender Qualifikation. Gelingt das nicht, bleibt die Pflicht zur Zahlung bestehen.
Kann die Ex-Partnerin zur Kreditrückzahlung verpflichtet werden?
Grundsätzlich ja – wenn beide den Kreditvertrag gemeinsam unterzeichnet haben. In der Praxis können jedoch Gegenansprüche auf Nutzungsentschädigung entstehen, sodass sich diese Positionen oft ausgleichen.
Wird der Auslagenersatz als Einkommen gewertet?
Ja, aber nur anteilig. Auch hier gilt: Ohne konkrete Nachweise über rein dienstliche Verwendung wird meist ein Teil des Betrags zum Einkommen gezählt.
Zählt ein Firmenwagen oder Sachleistungen auch als Einkommen?
Ja. Alle geldwerten Vorteile, auch steuerfreie Sachleistungen, müssen im Rahmen der Unterhaltsberechnung bewertet und ggf. angerechnet werden.
Kann ich den Unterhalt durch Antrag beim Gericht reduzieren lassen?
Ja, ein sogenannter Abänderungsantrag (§ 238 FamFG) kann gestellt werden. Dafür müssen jedoch alle Umstände belegt und eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Lage nachgewiesen werden – auch bezüglich der steuerfreien Einkommensbestandteile. Wer hofft, durch Nichtangabe dieser Beträge Vorteile zu erzielen, riskiert rechtliche Nachteile. In jedem Fall lohnt sich eine rechtliche Beratung.
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