Kindergeld beantragen Verpflichtung bei Abzweigung

Kindergeld beantragen oder lieber sein lassen? Diese Frage stellt sich vielen Eltern, wenn das Verhältnis zum volljährigen Kind belastet ist. Besonders brisant wird es, wenn das Kind das Geld selbst haben möchte – aber noch bei Dritten wohnt. Genau diese schwierige Situation analysieren wir hier mit Fokus auf das Thema Kindergeld beantragen Verpflichtung.

Familiärer Bruch und Kindergeldkonflikt

Die dargestellte Geschichte eines Vaters mit seiner 20-jährigen Tochter zeigt eine recht komplexe Mischung aus familiärer Enttäuschung, sozialer Verantwortung und juristischer Unsicherheit. Obwohl die Tochter durch eine angeborene Halbseitenlähmung bereits viele Herausforderungen im Leben zu bewältigen hatte, unterstützten die Eltern sie bis weit über das gesetzlich Erwartbare hinaus. Doch nach körperlichen Auseinandersetzungen und jahrelangem Vertrauensbruch war das Maß voll.

Die Tochter hatte seit Jahren keine Schule oder Ausbildung mehr besucht, keine Arbeitsaufnahme verfolgt und zog schließlich zu ihrem Freund. Die Eltern stellten daraufhin die finanzielle Unterstützung ein – zurecht, möchte man meinen. Doch dann meldete sich das Kind als ausbildungssuchend – und der Kindergeldanspruch lebt wieder auf. Doch was tun? Muss der Vater das Kindergeld beantragen, obwohl er keinen Kontakt wünscht? Und darf das Kind es überhaupt selbst beantragen?

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Anspruch auf Kindergeld – Grundsätzliches

Um Klarheit in diese juristisch wie emotional aufgeladene Lage zu bringen, muss man sich zunächst mit dem rechtlichen Anspruch auf Kindergeld befassen. Grundsätzlich haben Eltern Anspruch auf Kindergeld bis zum 25. Lebensjahr des Kindes (§ 62 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 EStG), wenn sich dieses in Ausbildung befindet oder ausbildungssuchend gemeldet ist (§ 1 BKGG).

Doch die reine Anspruchsberechtigung bedeutet nicht automatisch auch eine Auszahlungspflicht gegenüber dem Kind. Wichtig ist, zwischen Anspruchsberechtigung, Auszahlung und sogenannter Abzweigung zu unterscheiden.

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Kindergeld beantragen – Pflicht oder Option?

Ob Eltern verpflichtet sind, Kindergeld zu beantragen, hängt rechtlich davon ab, ob sie ihrer Unterhaltspflicht nachkommen. Wird das Kind nicht mehr finanziell unterstützt, entfällt in der Regel auch die Pflicht, den Antrag zu stellen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Beantragung besteht laut ständiger Rechtsprechung nicht. Es liegt also im Ermessen der Eltern, ob sie einen Antrag stellen oder nicht.

Allerdings kann sich aus § 1601 BGB (Unterhaltspflicht von Verwandten in gerader Linie) in Verbindung mit § 1612b BGB ergeben, dass der Bezug von Kindergeld Bestandteil der Unterhaltsverpflichtung ist. Dies ist aber nur relevant, wenn der Elternteil grundsätzlich noch Unterhalt schuldet. Im vorliegenden Fall – kein Unterhalt mehr, kein gemeinsamer Haushalt – besteht diese Pflicht kaum.

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Kann das Kind den Antrag selbst stellen?

Ein Kind kann Kindergeld grundsätzlich nicht eigenständig beantragen, da es nicht kindergeldberechtigt ist. Berechtigt ist nach § 64 EStG stets ein Elternteil. Jedoch gibt es Ausnahmen – etwa wenn das Kind Vollwaise ist oder nicht bei den Eltern lebt und diese ihrer Verpflichtung zur Antragstellung nicht nachkommen.

Dann besteht die Möglichkeit, dass das Kind im „berechtigten Interesse“ Kindergeld beantragt (§ 67 Satz 2 EStG). Dies setzt allerdings eine ausführliche Begründung voraus. In der Praxis zeigt sich: Die Familienkassen sind hier zurückhaltend. Ohne Mithilfe der Eltern wird die Auszahlung schwierig.

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Abzweigung – Kindergeld direkt ans Kind

Der wohl zentralste Begriff in dieser Konstellation ist die „Abzweigung“ (§ 74 Abs. 1 EStG). Dabei kann das Kindergeld direkt an das Kind ausgezahlt werden, auch wenn die Eltern den Antrag gestellt haben. Das gilt dann, wenn das Kind nicht mehr im Haushalt der Eltern lebt und keinen Unterhalt von diesen erhält.

Interessant dabei: Auch das Zusammenleben mit dem Lebenspartner zählt als „eigener Haushalt“, solange keine Versorgung durch die Eltern stattfindet. Damit wäre eine Abzweigung auch bei einem Aufenthalt beim Freund in Bayern grundsätzlich möglich.

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Wer haftet bei Rückforderungen?

Ein häufig geäußerter Vorbehalt ist die Sorge, dass Eltern für Rückzahlungen haften, wenn das Kind unberechtigt Kindergeld bezieht. Doch hier ist die Sachlage eindeutig: Wird das Kindergeld im Rahmen einer Abzweigung gezahlt, haftet das Kind selbst – nicht der Elternteil (§ 74 Abs. 2 EStG, Dienstanweisung DA-KG 2023, V 23.1).

Gefährlich wird es jedoch dann, wenn der Antrag auf Kindergeld auf den Namen der Eltern läuft, aber das Kind nicht mehr anspruchsberechtigt ist – etwa bei einer unterbrochenen Ausbildung oder falschen Angaben. In solchen Fällen kann die Familienkasse Rückforderungen an den antragstellenden Elternteil richten. Es ist daher ratsam, bei Unklarheiten entweder keinen Antrag zu stellen oder auf die Abzweigung zu drängen.

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Was ist in der Praxis sinnvoll?

In Fällen wie dem dargestellten Beispiel sollten Eltern sorgfältig abwägen. Wird keinerlei Unterhalt mehr geleistet und besteht kein Vertrauen in die Angaben des Kindes, ist eine Beantragung durch die Eltern nicht zu empfehlen. Stattdessen kann die Tochter selbst einen Abzweigungsantrag stellen – dies wäre der rechtlich saubere Weg. Die Eltern haften dann nicht für Falschangaben oder Wegfall der Voraussetzungen.

Ein Telefonat mit der Familienkasse bringt oft nur bedingt Klarheit. Empfehlenswerter ist es, schriftlich anzufragen oder den Sachverhalt per Einschreiben zu schildern. So bleibt später ein Beweis in der Hand.

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Fazit

Ob Eltern verpflichtet sind, Kindergeld zu beantragen, ist keine simple Ja-oder-Nein-Frage – besonders dann nicht, wenn die familiäre Beziehung angespannt oder sogar zerrüttet ist. Rechtlich gesehen gibt es keine generelle Pflicht, das Kindergeld zu beantragen, insbesondere wenn kein Unterhalt mehr geleistet wird. Dennoch sollten sich Eltern bewusst sein, dass die Entscheidung gegen eine Antragstellung unter Umständen auch Konsequenzen für das Kind haben kann – etwa beim fehlenden Lebensunterhalt.

Der klügere Weg ist in vielen Fällen ein Abzweigungsantrag durch das Kind selbst, sofern es in einem eigenen Haushalt lebt und die Eltern keine Unterhaltsleistungen mehr erbringen. So wird vermieden, dass die Eltern für Rückforderungen haften – eine Sorge, die gerade bei instabilen familiären Verhältnissen berechtigt ist. Wichtig ist: Die Kindergeld beantragen Verpflichtung ist keine absolute, sondern hängt stark von den Umständen ab. Klare Kommunikation mit der Familienkasse und gegebenenfalls rechtlicher Beistand können helfen, das individuelle Risiko zu minimieren.

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FAQ

Kann ein Kind das Kindergeld vollständig selbst beantragen?

Nein, in der Regel nicht. Nur die Eltern sind kindergeldberechtigt. Das Kind kann jedoch unter bestimmten Umständen im „berechtigten Interesse“ Kindergeld beantragen, etwa wenn die Eltern sich weigern und das Kind nicht mehr im elterlichen Haushalt lebt. Ein einfacher Antrag ohne elterliche Mitwirkung reicht jedoch meist nicht aus.

Was bedeutet „Abzweigung“ genau?

Abzweigung bedeutet, dass das Kindergeld direkt an das Kind ausgezahlt wird, obwohl ein Elternteil formal den Anspruch hat. Voraussetzung dafür ist, dass das Kind in einem eigenen Haushalt lebt und kein Unterhalt von den Eltern bekommt. In diesem Fall greift § 74 EStG.

Muss ich Kindergeld beantragen, obwohl mein Kind keinen Kontakt mehr zu mir hat?

Die Kindergeld beantragen Verpflichtung besteht rechtlich nicht, wenn kein Unterhalt mehr geleistet wird. Eltern können selbst entscheiden, ob sie den Antrag stellen wollen. Es gibt keine Sanktion, wenn sie sich dagegen entscheiden – auch nicht auf zivilrechtlicher Ebene.

Kann ich für Rückforderungen haftbar gemacht werden?

Nur wenn das Kindergeld über Sie läuft und Ihr Kind die Voraussetzungen nicht erfüllt, kann die Familienkasse Rückforderungen stellen. Bei einer Abzweigung haftet das Kind selbst. Deshalb ist bei Zweifeln eine Abzweigung sinnvoller.

Ist ein Abzweigungsantrag auch möglich, wenn mein Kind beim Partner wohnt?

Ja. Entscheidend ist nicht, ob das Kind allein lebt, sondern dass es nicht im Haushalt der Eltern lebt. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem Freund oder der Freundin zählt ebenfalls als „eigener Haushalt“ im Sinne des Gesetzes.

Gibt es eine Frist für rückwirkende Kindergeldanträge?

Ja. Laut § 66 Abs. 3 EStG kann Kindergeld nur bis zu sechs Monate rückwirkend beantragt werden. Wer also zu lange wartet, riskiert finanzielle Einbußen.

Welche Unterlagen braucht mein Kind für eine Abzweigung?

Für den Abzweigungsantrag benötigt das Kind meist eine Meldebescheinigung, ggf. Nachweis über ausbildungssuchenden Status und die Kindergeldnummer der Eltern. Ohne diese ist der Antrag kaum möglich.

Was passiert, wenn das Kind nicht mehr ausbildungssuchend ist?

Dann entfällt der Anspruch auf Kindergeld. Wird dies nicht rechtzeitig mitgeteilt, kann es zu Rückforderungen kommen – entweder an das Kind (bei Abzweigung) oder an den Elternteil (bei regulärer Zahlung).

Kann das Kind mich rechtlich zwingen, Kindergeld zu beantragen?

Das wäre nur denkbar, wenn noch eine Unterhaltspflicht bestünde. In Fällen, wo kein Unterhalt geleistet wird und das Kind aus dem Haushalt ausgezogen ist, ist eine solche Klage kaum aussichtsreich.

Gilt die Kindergeld beantragen Verpflichtung auch bei familiärem Kontaktabbruch?

Ein Kontaktabbruch alleine begründet keine Pflicht zur Beantragung oder zur Auszahlung an das Kind. Entscheidend ist, ob noch eine rechtliche Unterhaltsverpflichtung besteht. In der Regel ist dies bei volljährigen, nicht unterstützten Kindern nicht mehr der Fall.

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