Wer einen Antrag auf Umgang oder gar auf Anordnung des Wechselmodells beim Familiengericht stellt, muss mit nicht unerheblichen Antragskosten rechnen. Doch wie hoch sind diese wirklich – und was passiert, wenn der Antrag wieder zurückgezogen wird? Genau das klären wir heute anhand eines konkreten Beispiels.
Antrag auf Wechselmodell zurückgezogen – ein Fallbeispiel
Ein Vater, getrennt lebend von der Kindesmutter, möchte einen Antrag auf Umgangsrecht sowie zusätzlich die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells stellen. Noch bevor der erste Gerichtstermin angesetzt wird, zieht er den Antrag aus persönlichen Gründen wieder zurück. Nun stellt sich die Frage: Muss er trotzdem Gerichtsgebühren zahlen – und wenn ja, wie viel?
Unterhaltsberechnungen Nestmodell richtig klären 👆Gerichtskosten nach Verfahrenswert
In familiengerichtlichen Verfahren wie dem Umgangsrecht oder dem Wechselmodell wird der sogenannte „Verfahrenswert“ (auch Gegenstandswert genannt) als Grundlage für die Kostenberechnung herangezogen. Laut § 43 FamGKG (Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen) beträgt der Regelwert bei einfachen Umgangsverfahren aktuell 3.000 €. Das kann jedoch je nach Umfang, Bedeutung oder Konfliktniveau des Verfahrens höher festgesetzt werden.
Wechselmodell mit höherem Streitwert
Wenn zusätzlich zur Umgangsregelung ein Wechselmodell beantragt wird, steigt der Verfahrenswert meist an. Einige Gerichte setzen für den zusätzlichen Antrag weitere 1.000 € bis 2.000 € an. In der Praxis wird oft ein Gesamtverfahrenswert von 4.000 € bis 5.000 € angenommen. Wichtig ist, dass dieser Wert nicht automatisch festgelegt ist, sondern vom Familiengericht im Einzelfall bestimmt wird.
Berechnung der Gerichtskosten
Die eigentlichen Gerichtskosten richten sich nach dem Verfahrenswert gemäß der Anlage 2 zu § 34 GNotKG. Bei einem Wert von 3.000 € belaufen sich die einfachen Gerichtsgebühren auf rund 150 €, bei 5.000 € etwa auf 219 €. Diese Gebühren erhöhen sich, wenn weitere Anträge oder Beschlüsse hinzukommen.
Anpassung Unterhaltszahlungen bei Gehaltsänderung 👆Was passiert bei Rücknahme des Antrags?
Nun kommt der entscheidende Punkt: Wird ein Antrag vor der mündlichen Verhandlung zurückgezogen, reduziert sich die Gebühr nach Nr. 1210 VV GKG auf ein Drittel. Das heißt: Anstatt 219 € bei 5.000 € Wert wären nur noch ca. 73 € zu zahlen. Der Grund: Das Gericht musste nicht aktiv verhandeln, sondern lediglich vorbereitende Tätigkeiten durchführen.
Ausnahme: Gericht bereits tätig geworden
Wurde allerdings bereits ein Termin bestimmt oder das Gericht hat inhaltlich in die Sache eingegriffen, kann die volle Gebühr auch bei Rücknahme anfallen. Diese Abgrenzung ist nicht immer klar. Hier empfiehlt es sich, direkt bei der Geschäftsstelle des Gerichts nachzufragen.
Ferienregelung getrennte Eltern rechtlich klären 👆Anwaltskosten bei Antragstellung
Wer den Antrag über einen Anwalt stellt, muss zusätzlich mit Anwaltskosten rechnen. Auch diese richten sich nach dem Verfahrenswert. Bei einem Wert von 5.000 € fallen schnell rund 500 € bis 700 € für die außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit an.
Anrechnung bei Beratungshilfe
Falls der Antragsteller nur über geringes Einkommen verfügt, kann er unter Umständen Beratungshilfe oder Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragen. In diesem Fall übernimmt der Staat einen Großteil der Anwalts- und Gerichtskosten. Der Antrag ist vor Verfahrensbeginn beim Amtsgericht zu stellen (§ 76 FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
Wer trägt die Kosten bei Rücknahme?
Grundsätzlich trägt die antragstellende Person die bis dahin entstandenen Kosten, auch bei Rücknahme. Eine Rückerstattung ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn sich der Antrag als offensichtlich unzulässig herausstellt oder das Gericht falsch berechnet hat.
Scheidung ohne eigenen Anwalt – Risiken und Kosten 👆Wechselmodell als besonders kostenintensiv
Das Wechselmodell, also die gleichberechtigte Betreuung eines Kindes durch beide Elternteile, wird nicht nur rechtlich, sondern auch finanziell oft intensiver bewertet. Nicht nur wegen des erhöhten Verfahrenswerts – auch weil es oft mit zusätzlichem Aufwand für Gutachten, Anhörungen oder Verfahrensbeistände verbunden ist.
Besonderheiten bei Mediation oder Vergleich
Kommt es noch vor dem eigentlichen Verhandlungstermin zu einer einvernehmlichen Einigung – etwa durch Mediation oder anwaltlich begleitete Einigung – können die Gerichtskosten deutlich gesenkt oder vermieden werden. Ein entsprechender Vergleich wird oft mit nur einer reduzierten Gebühr belegt (§ 36 GKG).
Familienversicherung Stiefkinder getrennt klären 👆Tipps für den kostensparenden Umgang mit Anträgen
Wer sich frühzeitig anwaltlich beraten lässt und die Erfolgsaussichten realistisch prüft, kann unnötige Kosten vermeiden. Gerade beim Wechselmodell empfiehlt sich ein informelles Vorgehen im Vorfeld – zum Beispiel durch Jugendamt, Beratung oder Schlichtung – bevor das Familiengericht eingeschaltet wird.
Antrag nur bei Eskalation
Erfahrungsgemäß ist der Antrag auf Wechselmodell nur dann sinnvoll, wenn andere Kommunikationswege ausgeschöpft wurden und das Kindeswohl gefährdet scheint. In allen anderen Fällen kann ein Antrag mehr Schaden als Nutzen verursachen – sowohl emotional als auch finanziell.
Auskunftspflicht Volljährigenunterhalt klar erklärt 👆Fazit
Die Antragskosten beim Familiengericht sind keineswegs einheitlich, sondern stark abhängig vom Verfahrenswert und der Art des Antrags. Insbesondere beim Antrag auf ein Wechselmodell kann sich der Streitwert deutlich erhöhen, was sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten in die Höhe treibt. Wer also überlegt, einen entsprechenden Antrag zu stellen, sollte die finanziellen Konsequenzen genau kalkulieren – vor allem dann, wenn der Antrag vorzeitig zurückgezogen wird. In solchen Fällen kann die Reduzierung der Gebühren greifen, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wer keine ausreichenden Mittel hat, sollte unbedingt die Möglichkeit der Verfahrenskostenhilfe prüfen. So lassen sich unnötige Belastungen vermeiden und zugleich die eigenen Rechte wirksam wahren.
Gesetz zur Kostenvermeidung verständlich erklärt 👆FAQ
Wie hoch sind die Antragskosten beim Familiengericht?
Die Antragskosten beim Familiengericht richten sich nach dem Verfahrenswert. Bei einem Standardwert von 3.000 € entstehen rund 150 € Gerichtskosten. Wird zusätzlich ein Wechselmodell beantragt, kann der Verfahrenswert auf 5.000 € steigen, wodurch ca. 219 € anfallen.
Was passiert, wenn ich den Antrag vor dem Termin zurückziehe?
Wird der Antrag vor der mündlichen Verhandlung zurückgezogen, fällt in der Regel nur ein Drittel der normalen Gerichtsgebühren an. Bei einem Verfahrenswert von 5.000 € wären das etwa 73 €. Voraussetzung ist, dass das Gericht noch nicht aktiv tätig geworden ist.
Wie wirkt sich ein Wechselmodell-Antrag auf die Antragskosten aus?
Ein Antrag auf Wechselmodell erhöht meist den Verfahrenswert, da er über die übliche Umgangsregelung hinausgeht. Das kann zu höheren Antragskosten beim Familiengericht führen, da der Gebührenrahmen vom Gesamtwert abhängt.
Muss ich bei Rücknahme des Antrags trotzdem Anwaltskosten zahlen?
Ja. Die bis zur Rücknahme entstandenen Anwaltskosten müssen auch dann getragen werden, wenn kein Gerichtstermin stattfindet. Der Anwalt kann seine Vergütung nach dem bereits geleisteten Aufwand berechnen.
Gibt es Möglichkeiten zur Kostenübernahme durch den Staat?
Ja, über die Verfahrenskostenhilfe. Wer über kein oder nur geringes Einkommen verfügt, kann einen Antrag beim Amtsgericht stellen. Bei Bewilligung werden sowohl die Antragskosten beim Familiengericht als auch die Anwaltskosten übernommen.
Kann ich die Gerichtskosten im Nachhinein zurückfordern?
In der Regel nicht. Nur wenn das Gericht einen offensichtlichen Fehler gemacht hat oder der Antrag unzulässig war, kann eine Rückerstattung möglich sein. Einzelfallprüfung ist notwendig.
Wie erfahre ich den konkreten Verfahrenswert für meinen Antrag?
Der Verfahrenswert wird vom Familiengericht festgelegt. Man kann jedoch vorab einen groben Rahmen abschätzen oder direkt bei der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts nachfragen.
Was passiert, wenn beide Eltern einen Antrag stellen?
Wenn beide Eltern getrennt Anträge stellen (z. B. zur Umgangsregelung), werden die Verfahrenswerte addiert oder individuell bewertet. Das kann die Gesamtkosten erheblich beeinflussen.
Werden bei einem Vergleich die Kosten reduziert?
Ja. Kommt es vor dem Termin zu einem gerichtlichen Vergleich, reduziert sich die Gebühr in der Regel. Auch Mediationen oder außergerichtliche Einigungen wirken kostensenkend.
Lohnt sich ein Antrag auf Wechselmodell überhaupt?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Ein Wechselmodell kann für das Kind sehr sinnvoll sein – jedoch nur, wenn die Kommunikation zwischen den Eltern funktioniert. Ansonsten sind die Kosten und der emotionale Aufwand oft höher als der Nutzen. Vorherige Beratung ist daher sehr zu empfehlen.
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