Fahrtkosten zur Schule sind für viele Familien ein leidiges Thema – besonders dann, wenn sich plötzlich die Wohnsituation eines Kindes ändert. Genau das ist hier passiert: Nach häuslicher Gewalt lebt ein 13-jähriges Kind vorübergehend bei der Mutter, weit entfernt von der ursprünglichen Schule. Doch wer ist jetzt für den Schulweg zuständig? Und muss das Kind tagelang ohne Unterricht bleiben?
Aktuelle Wohnsituation des Kindes
Das Kind A lebt vorübergehend bei der Mutter, weil der Vater – bei dem das Kind bislang wohnte – wegen mutmaßlicher Gewaltvorfälle nicht mehr als sicher gilt. Eine Gerichtsentscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht steht noch aus, das Jugendamt ist informiert, greift aber nicht konkret ein. Genau in dieser Grauzone beginnt das Problem: Der Schulweg zur alten Schule ist ohne Auto unzumutbar lang, aber eine Anmeldung an der neuen Schule scheint emotional belastend zu sein – was tun?
Öffentliche Schulpflicht und staatliche Aufgabe
Grundsätzlich gilt laut Schulgesetzen der Bundesländer: Jedes schulpflichtige Kind hat Anspruch auf den Besuch einer Schule in zumutbarer Nähe zum Wohnort. Der Staat – also das Bundesland oder die Kommune – ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Schulbesuch tatsächlich möglich ist. Dazu zählt auch die Bereitstellung eines angemessenen Schultransports, sofern keine zumutbare Schule in direkter Nähe liegt (§ 114 SchulG NRW, ähnlich auch in anderen Bundesländern).
Aber: Dieser Anspruch bezieht sich nur auf die nächstgelegene Schule im Einzugsgebiet. Einen Anspruch darauf, weiterhin eine Wunschschule zu besuchen – etwa die vorherige Schule im Ort des anderen Elternteils – gibt es nicht. Und genau da liegt der Haken in diesem Fall.
Keine Pflicht zur Taxikostenübernahme
Auch wenn der Schulweg zur bisherigen Schule durch Bus und Bahn über zwei Stunden dauert, besteht für das Jugendamt oder die Kommune keine Verpflichtung, einen täglichen Taxitransport zu finanzieren. Das bestätigt auch die überwiegende Meinung in vergleichbaren Fällen. So argumentieren Gerichte regelmäßig, dass der Schulbesuch am aktuellen Wohnort zumutbar ist – und dass emotionale Gründe oder laufende Verfahren dies nicht grundsätzlich aufheben (vgl. VG Trier, Urteil vom 06.12.2017 – 3 K 1239/17.TR).
Schulwechsel trotz Ungewissheit?
Ein häufiger Einwand lautet: „Was ist, wenn das Kind bald wieder zurück zum Vater muss?“ – Das ist durchaus nachvollziehbar. Doch schulrechtlich zählt immer der aktuelle Aufenthaltsort. Selbst wenn ein Verfahren läuft, gibt es keinen Grund, dem Kind den Schulbesuch am neuen Wohnort zu verweigern. Vielmehr könnte gerade eine neue Klassengemeinschaft in dieser schwierigen Phase stabilisierend wirken.
Rolle des Kindeswillens bei Schulfragen
Ab einem gewissen Alter wird auch der Wille des Kindes in rechtliche Erwägungen einbezogen – gerade bei familiengerichtlichen Entscheidungen (§ 159 FamFG). Ein 13-jähriges Kind hat durchaus ein Mitspracherecht, wenn es um Fragen des Aufenthalts und der schulischen Bindung geht. Das heißt aber nicht, dass allein der Wunsch des Kindes genügt, um eine Transportverpflichtung für eine weit entfernte Schule durchzusetzen.
Aufenthaltsbestimmungsrecht und Übergangsphasen
Spannend wird es auch beim Aufenthaltsbestimmungsrecht. Wenn dieses vorübergehend faktisch bei der Mutter liegt, weil das Kind bei ihr lebt, trägt sie zunächst auch die Verantwortung für den Schulalltag. Das umfasst laut gängiger Rechtsprechung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.06.2021 – 13 UF 10/21) auch organisatorische Aufgaben wie An- oder Ummeldung an einer Schule.
Emotionale Belastung als rechtlicher Faktor?
Natürlich ist ein kurzfristiger Schulwechsel psychisch belastend – vor allem inmitten eines familiären Konflikts. Doch emotionale Aspekte allein führen nicht dazu, dass das Jugendamt oder die Kommune eine Sonderlösung wie Taxiübernahme finanzieren muss. Vielmehr wird in solchen Fällen empfohlen, pädagogisch und psychologisch zu begleiten, um dem Kind den Übergang zu erleichtern – nicht aber, die alte Schule künstlich aufrechtzuerhalten.
Fazit
Fahrtkosten zur Schule sind im Fall eines plötzlichen Aufenthaltswechsels rechtlich eine Herausforderung – besonders dann, wenn keine klare Regelung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht existiert und ein Gerichtsverfahren noch aussteht. Solange das Kind bei der Mutter lebt, liegt die Verantwortung für den Schulbesuch faktisch bei ihr. Eine Übernahme der Fahrtkosten zur Schule durch das Jugendamt ist rechtlich nicht vorgesehen, solange es eine zumutbare Schule in der Nähe gibt. Auch emotionale Belastungen oder rechtliche Unsicherheiten reichen nicht aus, um Sonderleistungen wie einen täglichen Taxitransport durchzusetzen. Der sicherste Weg bleibt eine zeitnahe schulische Anmeldung am neuen Wohnort – begleitet durch sozialpädagogische Unterstützung, um das Kind bestmöglich zu stabilisieren.
Verstoß gegen § 1603 BGB und Jobcenterforderung 👆FAQ
Gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Taxikosten zur alten Schule?
Nein, ein solcher Anspruch besteht nicht. Nach den Schulgesetzen der Bundesländer muss lediglich der Schulweg zur nächstgelegenen geeigneten Schule abgesichert werden. Die alte Schule am Wohnort des anderen Elternteils zählt nicht dazu.
Muss das Kind trotz emotionaler Belastung die Schule wechseln?
In den meisten Fällen ja. Auch wenn der Schulwechsel für das Kind schwierig ist, wird er als zumutbar angesehen, wenn dadurch der Schulbesuch gewährleistet wird. Das Kindeswohl steht im Vordergrund – und dazu gehört auch eine lückenlose Beschulung.
Wer übernimmt die Fahrtkosten zur Schule in einer Krisensituation?
Wenn keine körperliche oder geistige Einschränkung des Kindes vorliegt, liegt die Pflicht zur Organisation und Finanzierung des Schulwegs bei den Eltern. Das Jugendamt ist hier nicht automatisch zur Kostenübernahme verpflichtet.
Zählt der Wille des Kindes bei der Entscheidung über den Schulort?
Ab etwa 12 bis 14 Jahren wird der Kindeswille rechtlich berücksichtigt, insbesondere bei Fragen zum Aufenthaltsort. Er kann auch bei schulischen Belangen einfließen, ersetzt aber keine formalen Zuständigkeiten.
Welche Rolle spielt das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei den Fahrtkosten?
Solange das Kind bei der Mutter lebt – unabhängig von einem endgültigen Gerichtsbeschluss – gilt ihr Wohnort als maßgeblich. Mit dem faktischen Aufenthaltsrecht geht auch die Pflicht einher, den Schulalltag zu organisieren, inklusive möglichem Schulwechsel.
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