Wenn sich die gesetzliche Betreuung ändert, bleibt oft die Frage offen, wer für Schulden aus der vorherigen Zeit haftet. Besonders heikel wird es, wenn Inkassobüros Druck machen und der ehemalige Betreuer plötzlich im Fokus steht. Dieser Beitrag beleuchtet einen konkreten Fall und zeigt, wie sich die Rechtslage darstellt und welche Schritte sinnvoll sind, um rechtlich abgesichert zu handeln.
Betreuung endet – wer haftet für alte Schulden?
Ein Mann hatte bis Ende 2022 die gesetzliche Betreuung für seine alkoholkranke Mutter übernommen. Als ihre Sucht im Herbst erneut eskalierte, wurde sie aus der Wohnung geworfen und in ein Krankenhaus eingeliefert. Zu dieser Zeit bestellte sie noch auf Rechnung – ohne zu bezahlen. Die Mahnungen landeten beim Betreuer, weil er einen Nachsendeauftrag gestellt hatte. Kurz darauf wurde die Betreuung an einen anderen, vom Sozialamt eingesetzten Betreuer übergeben. Die Inkassoforderungen jedoch blieben und kamen nun auf seinen Namen – mit dem Hinweis, er sei zum Zeitpunkt der Bestellung rechtlich zuständig gewesen.
Unterhalt minderjähriges Kind Ausbildung Wohnung 👆Klare Abgrenzung der Betreuerpflichten
Die zentrale Frage lautet: Ist der ehemalige Betreuer nun tatsächlich haftbar für diese Schulden? Und wenn ja – wie kann er das Geld von der Betreuten oder dem neuen Betreuer zurückfordern?
Keine persönliche Haftung des Betreuers
Grundsätzlich ist klar: Der gesetzliche Betreuer handelt im Namen der betreuten Person. Er ist dabei kein Bürge oder Mitschuldner. Solange keine eigene rechtswidrige Handlung oder grobe Fahrlässigkeit nachweisbar ist, besteht keine persönliche Haftung. Laut § 1833 BGB haftet ein Betreuer nur bei schuldhafter Pflichtverletzung – und auch nur im Innenverhältnis gegenüber dem Betreuten, nicht gegenüber Dritten.
Betreuer ist kein Erfüllungsgehilfe
Betreuer sind keine Vertragspartner der Gläubiger. Selbst wenn sie etwa Mahnungen erhalten oder Bestellungen mitbekommen, heißt das nicht automatisch, dass sie auch für deren Begleichung aufkommen müssen. Gläubiger können sich lediglich an die betreute Person halten, die auch die Bestellungen ausgelöst hat.
Umstellung der Betreuung – Rechtsfolgen
Wechselt der Betreuer – wie im dargestellten Fall – und ist der Zeitpunkt klar dokumentiert, endet auch die rechtliche Verantwortung mit der Abgabe. Spätere Mahnungen sind dann nicht mehr an den alten Betreuer zu richten. Das gilt insbesondere dann, wenn dieser keinen Zugriff mehr auf das Konto der Betreuten hat und auch keine Vollmacht besitzt.
Unterhalt Ü18: Wann Eltern noch zahlen müssen 👆Umgang mit unberechtigten Forderungen
Doch was tun, wenn Inkassobüros dennoch auf Zahlung bestehen und sogar mit Klage oder Schufa-Drohungen arbeiten?
Richtig reagieren auf Inkassoschreiben
Ein klar formulierter Widerspruch gegenüber dem Inkassobüro ist der erste Schritt. Darin sollte aufgeführt werden:
-
Dass die Betreuung beendet wurde
-
Dass keine Zahlungsbefugnis oder -verpflichtung besteht
-
Dass alle relevanten Schreiben an den aktuellen Betreuer weitergeleitet wurden
Wichtig: Den Betreuungswechsel durch Unterlagen wie den gerichtlichen Aufhebungsbeschluss belegen.
Forderungsumschreibung auf eigenen Namen?
Teilweise versuchen Inkassobüros, Forderungen einfach auf den ehemaligen Betreuer umzuschreiben. Das ist rechtswidrig. Ohne vertragliche Grundlage darf kein Dritter zur Zahlung herangezogen werden. Hier kann man sich zusätzlich auf § 675 Abs. 2 BGB berufen, wonach eine Haftung aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag nur bei grober Fahrlässigkeit besteht.
Pfändung Unterhalt Rückstand: Wenn der Fehler teuer wird 👆Verantwortung des neuen Betreuers
Ein anderer Aspekt betrifft die Rolle des neuen Betreuers. Auch wenn er die Forderungen ignoriert oder nicht bezahlt – kann der ehemalige Betreuer dann nicht doch verpflichtet sein, zumindest zu handeln?
Pflicht zur Übergabe und Information
Der bisherige Betreuer muss nach § 1908i BGB i. V. m. § 1890 BGB eine ordnungsgemäße Übergabe aller relevanten Unterlagen sicherstellen. Das umfasst auch laufende Forderungen, Mahnungen und rechtliche Schreiben. Geschieht dies ordnungsgemäß, haftet der ehemalige Betreuer nicht für die Versäumnisse seines Nachfolgers.
Handlungspflicht bei absehbarem Schaden?
Ein gewisses Restrisiko bleibt: Wird ein drohender Schaden erkennbar, etwa weil Inkassobüros mit Vollstreckung drohen, kann es geboten sein, das Betreuungsgericht zu informieren oder sogar einen Antrag auf Erweiterung der Betreuung durch den neuen Betreuer zu stellen. Nur so lässt sich ein späterer Vorwurf wegen unterlassener Hilfe vermeiden.
Unterhaltsklage Jobcenter: Wer klagt und wer zahlt? 👆Gerichtliche Klärung und Absicherung
Doch was, wenn Inkassofirmen weiterhin auf Zahlung drängen oder sogar eine Klage einreichen?
Klageandrohung – was nun?
Kommt es zu einem gerichtlichen Mahnbescheid oder gar zur Klage, ist schnelles Handeln gefragt. Der Widerspruch gegen den Mahnbescheid muss fristgerecht erfolgen – sonst wird dieser rechtskräftig. In einer Klage muss deutlich gemacht werden, dass keine Haftung besteht. Auch das Betreuungsgericht kann eingeschaltet werden, um die Umstände darzulegen.
Rolle des Betreuungsgerichts
Das Betreuungsgericht ist nicht nur für die Bestellung von Betreuern zuständig, sondern auch für Konflikte im Rahmen der Betreuung. Hier kann man beantragen, dass der neue Betreuer zu einem Bericht über die offenen Forderungen aufgefordert wird. Dies bringt Transparenz und entlastet den Vorgänger.
Scheidungskosten Immobilie Trennung realistisch planen 👆Schutz durch Haftpflichtversicherung?
Viele gesetzliche Betreuer fragen sich: Was passiert, wenn ich doch einen Fehler gemacht habe? Gibt es eine Versicherung, die einspringt?
Besteht ein Versicherungsschutz?
Tatsächlich sind viele ehrenamtliche Betreuer über das Amtsgericht haftpflichtversichert. Das bedeutet: Sollte tatsächlich eine fahrlässige Pflichtverletzung vorliegen, kann die Versicherung einspringen – sofern der Schaden innerhalb der betreuungsrechtlichen Tätigkeit entstanden ist. Genauere Auskunft gibt hier die jeweilige Betreuungsbehörde oder das zuständige Amtsgericht.
Wann greift die Versicherung?
Voraussetzung ist in der Regel, dass die Betreuung ordnungsgemäß angezeigt und übernommen wurde. Zudem dürfen keine groben Pflichtverstöße vorliegen. Wer also bewusst Mahnungen ignoriert oder Gelder veruntreut, kann sich nicht auf eine Haftpflicht berufen.
Außergerichtliche Sorgerechtsvereinbarung richtig regeln 👆Rechtlicher Hintergrund
Zum besseren Verständnis lohnt sich ein kurzer Blick in die wichtigsten rechtlichen Grundlagen:
-
§ 1833 BGB: Regelt die Schadensersatzpflicht des Betreuers bei Pflichtverletzungen
-
§ 675 Abs. 2 BGB: Schränkt die Haftung für Dienstleistungsverhältnisse ein
-
§ 1908i BGB i. V. m. § 1890 BGB: Verpflichtet zur ordnungsgemäßen Übergabe bei Betreuerwechsel
-
§ 276 BGB: Definition von Vorsatz und Fahrlässigkeit
Diese Vorschriften bilden das Fundament für die rechtliche Bewertung von Betreuerhandlungen – oder eben deren Grenzen.
Unterhalt erwachsenes Kind bei Suchtproblem 👆Fazit
Wer als gesetzlicher Betreuer tätig war, muss sich nicht automatisch für die Schulden des Betreuten verantworten – selbst dann nicht, wenn diese in der Zeit der eigenen Betreuung entstanden sind. Entscheidend ist, dass der Betreuer im Rahmen seiner Pflichten korrekt gehandelt und bei einem Wechsel alle Unterlagen sauber übergeben hat. Die gesetzliche Betreuung führt nicht zu einer automatischen Haftung gegenüber Gläubigern. Forderungen müssen an die betreute Person selbst oder an den aktuellen Betreuer gerichtet werden. Nur bei nachgewiesener Pflichtverletzung kann eine Haftung entstehen – dann aber in der Regel nur gegenüber dem Betreuten selbst und nicht nach außen. Wer in eine ähnliche Situation gerät, sollte frühzeitig reagieren, Inkassoforderungen widersprechen und das Betreuungsgericht informieren. So lässt sich vermeiden, dass die gesetzliche Betreuung zur finanziellen Falle wird.
Zugewinnausgleich Girokonto: Wann zählt das Ersparte? 👆FAQ
Muss ein ehemaliger gesetzlicher Betreuer Schulden des Betreuten zahlen?
Nein, ein ehemaliger gesetzlicher Betreuer haftet grundsätzlich nicht persönlich für die Schulden des Betreuten. Die gesetzliche Betreuung begründet keine persönliche Zahlungspflicht gegenüber Gläubigern, solange keine Pflichtverletzung nachgewiesen wird.
Darf ein Inkassobüro Forderungen auf den Betreuer umschreiben?
Nein, das ist rechtlich unzulässig. Forderungen dürfen nur gegen den Schuldner selbst, also die betreute Person, geltend gemacht werden. Eine Umschreibung auf den Betreuer ohne vertragliche Grundlage verstößt gegen geltendes Recht.
Wann kann ein gesetzlicher Betreuer haftbar gemacht werden?
Nur wenn der Betreuer grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Pflichten verletzt hat, kann er unter Umständen haftbar gemacht werden. Laut § 1833 BGB erfolgt eine Haftung nur bei schuldhaftem Verhalten – beispielsweise durch das Ignorieren von Zahlungsaufforderungen.
Was sollte man tun, wenn man trotz Betreuungsende Mahnungen erhält?
In solchen Fällen ist es wichtig, die Inkassofirma schriftlich darüber zu informieren, dass die gesetzliche Betreuung bereits beendet ist. Zusätzlich sollte man den Nachweis über die Betreuungsübergabe beifügen und das Betreuungsgericht über den Sachverhalt informieren.
Wer ist nach einem Betreuerwechsel für offene Rechnungen verantwortlich?
Verantwortlich ist weiterhin die betreute Person selbst – vertreten durch den aktuellen gesetzlichen Betreuer. Dieser ist für die Verwaltung der Finanzen zuständig und muss sich mit den Gläubigern auseinandersetzen.
Kann man den neuen Betreuer zur Zahlung verpflichten?
Der neue Betreuer ist im Rahmen seiner Aufgaben zur ordnungsgemäßen Verwaltung der Finanzen verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann das Betreuungsgericht eingeschaltet werden, um entsprechende Maßnahmen zu veranlassen.
Besteht ein Versicherungsschutz für gesetzliche Betreuer?
Ja, viele gesetzliche Betreuer sind über das Amtsgericht haftpflichtversichert. Diese Versicherung greift, wenn tatsächlich ein Schaden durch eine Pflichtverletzung entstanden ist – vorausgesetzt, es handelt sich nicht um grobes Fehlverhalten.
Was sagt das Gesetz zur Haftung eines Betreuers?
Laut § 1833 BGB haftet ein Betreuer nur bei schuldhafter Pflichtverletzung. Eine Außenhaftung gegenüber Dritten ist grundsätzlich ausgeschlossen, solange der Betreuer im Rahmen seiner Aufgaben handelt.
Kann ein Betreuer verhindern, dass der Betreute Schulden macht?
Nein, solange der Betreute geschäftsfähig ist, kann er rechtsverbindlich Verträge abschließen. Der Betreuer kann lediglich versuchen, durch Postumleitung und Kommunikation mit dem Betreuten das Risiko zu minimieren – verhindern lässt sich das aber nicht vollständig.
Wann sollte das Betreuungsgericht eingeschaltet werden?
Wenn unberechtigte Forderungen gestellt werden, der neue Betreuer untätig bleibt oder eine Klage droht, sollte das Betreuungsgericht informiert werden. Es kann klären, wer zuständig ist, und den Betreuer gegebenenfalls zur Rechenschaft ziehen.
Wechselmodell Unterhalt Vater: Was ist gerecht? 👆