Kind wegnehmen wegen Geldnot – so lautete die erschütternde Drohung eines Vaters gegenüber der Mutter seines Kindes, nachdem sie aus purer Verzweiflung 500 Euro vom gemeinsamen Kindersparbuch genommen hatte. Doch darf er das wirklich? Und was passiert, wenn ein Elternteil in finanzieller Schieflage zum Wohle des Kindes improvisieren muss, weil der andere seine Pflichten nicht erfüllt?
Hintergrund der finanziellen Belastung
Im Zentrum steht eine Mutter, die seit dem Weggang des Vaters nicht nur für das gemeinsame Kind sorgt, sondern auch für einen Schuldenberg, der ursprünglich nicht einmal ihr eigener war. Der Vater ist mit der Erzieherin des Kindes durchgebrannt und hat sich seitdem nicht um seine finanziellen und elterlichen Pflichten gekümmert. Während er lediglich die Zinsen eines gemeinsam aufgenommenen Wohnungskredits zahlt, bleiben die restlichen Kosten – darunter seine Privatkredite – an der Mutter hängen.
Kreditlast trotz Trennung
Die Problematik wird durch die Tatsache verschärft, dass die Kredite damals auf beide Elternteile liefen – aus Bonitätsgründen. Zwar wurde das Geld allein auf das Konto des Vaters ausgezahlt, doch die Rückzahlung lief über das Konto der Mutter. Seit seinem Auszug verweigert er nicht nur die Rückzahlung, sondern auch die Umschreibung der Kredite – eine Zustimmung, die die Bank fordert, um sie aus der finanziellen Haftung zu entlassen.
Eigeninitiative mit Hindernissen
Trotz der finanziellen Belastung versuchte die Mutter, eine pragmatische Lösung zu finden. Ein notarieller Vorschlag, wonach sie die Schulden übernimmt, während der Vater stattdessen 100 Euro monatlich auf einen Sparplan für das Kind einzahlt, wurde von ihm abgelehnt. Eine faire Lösung? Wohl kaum – denn der Vater hatte zur gleichen Zeit einen Neuwagenkredit über 50.000 Euro aufgenommen, offenbar ohne finanzielle Sorgen.
Umgangsausschluss Kontaktverbot rechtlich erklärt 👆Zugriff aufs Sparkonto – Darf sie das?
Die Mutter sah sich schließlich gezwungen, 500 Euro vom Sparkonto des Kindes zu verwenden, um laufende Kosten wie Betreuung, Ernährung und Vereinsgebühren zu decken. Der Vater hingegen nutzt diese Tatsache nun, um ihr mit einer Anzeige beim Familiengericht zu drohen – mit dem Ziel, ihr das Kind wegzunehmen.
Kindeswohl im Fokus des Gesetzes
Doch wie beurteilt das Familiengericht eine solche Situation? Im deutschen Familienrecht steht stets das Kindeswohl im Mittelpunkt (§ 1697a BGB). Maßstab ist nicht, ob ein Elternteil finanzielle Schwierigkeiten hat, sondern ob das Kind dadurch gefährdet wird. Der bloße Zugriff auf ein Sparkonto – insbesondere wenn beide Eltern darauf eingezahlt haben und das Geld für das Kind verwendet wurde – stellt keine Kindeswohlgefährdung dar.
Strafrechtlich relevant?
Auch strafrechtlich ist der Sachverhalt wenig bedenklich. Ein Tatbestand wie Unterschlagung (§ 246 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB) wäre nur dann gegeben, wenn das Geld zweckentfremdet oder eigennützig verwendet worden wäre – was hier offensichtlich nicht der Fall ist. Die Mutter nutzte die Mittel, um die Versorgung des Kindes sicherzustellen.
Anerkennungsverfahren Heirat und Scheidung erklärt 👆Kindesentzug als letztes Mittel
Eine derart drastische Maßnahme wie die Entziehung des Sorgerechts wird vom Familiengericht nur im äußersten Fall beschlossen – dann nämlich, wenn das Kindeswohl nachhaltig gefährdet ist (§ 1666 BGB). Selbst das Jugendamt greift hier zunächst beratend und unterstützend ein, bevor es gerichtliche Schritte einleitet.
Rolle des Jugendamts
Die Mutter hatte sich bereits an das Jugendamt gewandt, um Unterhaltsfragen zu klären. Gerade in solchen Situationen ist die Kooperation mit dem Jugendamt wichtig, da es als Vermittlungsstelle agiert. Zudem könnte sie Unterhaltsvorschuss beantragen (§ 1 UVG), wenn der Vater seinen Pflichten nicht nachkommt.
Familiengericht braucht klare Beweise
Ein bloßer Hinweis des Vaters, dass die Mutter Geld vom Sparkonto genommen hat, wird kein Gericht dazu bewegen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder das Sorgerecht zu entziehen. Dazu wären objektive Beweise einer akuten Kindeswohlgefährdung notwendig – etwa Vernachlässigung, Misshandlung oder eine massive psychische Belastung des Kindes.
Zwischenvergleich im Umgangsrecht durchsetzen 👆Reaktion auf die Drohungen des Vaters
Bedrohungen dieser Art sind nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch rechtlich unhaltbar. Wer den Entzug des Sorgerechts androht, um sich finanziellen Verpflichtungen zu entziehen, bewegt sich auf dünnem Eis – auch rechtlich.
Möglicher Missbrauch des Sorgerechts
Das Sorgerecht darf nicht als Druckmittel eingesetzt werden. Eine bewusste Instrumentalisierung des Kindes oder des Gerichts, um eigene finanzielle Interessen durchzusetzen, kann sogar negative Konsequenzen für den Vater selbst haben – insbesondere, wenn sich ein Gericht ein umfassendes Bild der familiären Verhältnisse macht.
Dokumentation und Kommunikation
In solchen Fällen ist es ratsam, jede Kommunikation zu dokumentieren – insbesondere Drohungen, Absprachen oder Nichtleistungen des anderen Elternteils. Auch die Versuche, gemeinsam Lösungen zu finden, sollten festgehalten werden. All das kann im Streitfall entscheidend sein.
Kindesunterhalt ausschließen Scheidung rechtlich möglich? 👆Mögliche rechtliche Schritte der Mutter
Um nicht dauerhaft in dieser belastenden Situation zu bleiben, hat die Mutter mehrere rechtliche Optionen.
Unterhalt rechtlich durchsetzen
Ein Unterhaltstitel – zum Beispiel durch das Jugendamt oder das Familiengericht – schafft eine klare Rechtsgrundlage. Weigert sich der Vater weiterhin, zu zahlen, kann der Betrag vollstreckt werden (§ 1601 BGB i.V.m. § 1612a BGB).
Umschreibung der Kredite erzwingen
Auch in Bezug auf die Umschreibung der Kredite könnte eine zivilrechtliche Klage auf Mitwirkung sinnvoll sein. Nach § 242 BGB (Treu und Glauben) kann ein Verhalten, das offensichtlich zur Lasten eines anderen geht, als rechtsmissbräuchlich bewertet werden – etwa, wenn jemand die Umschreibung mutwillig blockiert.
Nutzung der gemeinsamen Immobilie regeln
Hinsichtlich der Eigentumswohnung könnte über ein Nutzungsentgelt (§ 745 Abs. 2 BGB) verhandelt werden – denn wer allein nutzt, muss unter Umständen auch allein zahlen. Alternativ ist ein Verkauf denkbar, wenn die finanzielle Last nicht mehr tragbar ist.