Neue Kindesunterhaltsberechnung trotz Hauskredit?

Neue Kindesunterhaltsberechnung kann schnell zur Belastung werden, wenn sich Lebensumstände verändern. Besonders wenn ein Hauskredit läuft und weitere Kinder hinzukommen, ist es wichtig zu wissen, ob und wie Zins und Tilgung berücksichtigt werden können. In diesem Beitrag schauen wir uns genau an, wie die Berechnung rechtlich abläuft und was man tun kann, um nicht übermäßig belastet zu werden.

Familiäre Veränderung und Unterhaltspflicht

Ein Vater zahlt 585 € monatlich für sein 15-jähriges Kind aus früherer Beziehung. Er lebt inzwischen mit neuer Ehefrau zusammen, hat mit ihr ein Kleinkind und erwartet weiteres Nachwuchs. Anfang des Jahres kaufte die Familie ein Reihenhaus – inklusive Kredit.

Neue Familie und finanzielle Belastung

Der Unterhaltspflichtige hat ein Einkommen von 2.575 € plus 538 € aus einem Minijob. Die Familie trägt monatlich Zins und Tilgung für den Hauskredit. Die Frage lautet: Kann dieser Aufwand bei der Kindesunterhaltsberechnung berücksichtigt werden?

Kein Kontakt zum ersten Kind

Hinzu kommt, dass zum ersten Kind kein Kontakt mehr besteht. Dieses könnte bald eine Ausbildung beginnen. Die Frage ist, ob und wann dieser Umstand die Unterhaltspflicht reduziert – vor allem im Hinblick auf die sogenannte „Neue Kindesunterhaltsberechnung“.

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Rechtlicher Rahmen der Unterhaltspflicht

Im deutschen Familienrecht ist die Unterhaltspflicht nach § 1601 BGB verankert. Das Einkommen der unterhaltspflichtigen Person spielt die zentrale Rolle bei der Berechnung.

Maßgebliches Nettoeinkommen

Zur Berechnung des Kindesunterhalts wird das bereinigte Nettoeinkommen herangezogen. Laut Düsseldorfer Tabelle entscheidet dieses über die Höhe des Kindesunterhalts.

Abzüge vom Einkommen

Abzugsfähig sind unter anderem berufsbedingte Aufwendungen, Krankenkassenbeiträge, Altersvorsorgeaufwand – und in bestimmten Fällen auch Kosten für den Wohnvorteil bei Immobilienbesitz.

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Wohnvorteil und Hauskredit

Ein zentrales Thema ist die Frage, ob Zins und Tilgung vom Einkommen abgezogen werden dürfen, bevor der Wohnvorteil angerechnet wird.

Wohnvorteil trotz Schulden?

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2011 – XII ZR 173/10) wird ein Wohnvorteil grundsätzlich dann berücksichtigt, wenn die Wohnimmobilie lastenfrei oder zumindest wirtschaftlich belastungsarm ist. Doch bei laufender Tilgung sieht das anders aus.

Schuldendienst mindert Wohnwert

Die Tilgung für eine selbstgenutzte Immobilie kann laut BGH als sekundäre Altersvorsorge anerkannt werden. Das bedeutet: Der tatsächliche Wohnwert wird um Zins und Tilgung reduziert. Das kann dazu führen, dass der „Wohnvorteil“ auf null fällt.

Entscheidung im Einzelfall

Ob und in welcher Höhe der Wohnwert angerechnet wird, entscheidet das Gericht nach Einzelfallprüfung. Entscheidend ist, ob der Unterhaltspflichtige durch den Kredit tatsächlich wirtschaftlich belastet ist oder nicht.

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Neue Kinder und Mangelfallregelung

Mit Geburt weiterer Kinder verschiebt sich die Rangfolge der Unterhaltsverpflichtungen.

Gleichrangige Unterhaltspflichten

Nach § 1609 BGB sind minderjährige Kinder gleichrangig zu behandeln. Die beiden jüngeren Kinder aus der neuen Beziehung werden daher bei der Berechnung berücksichtigt.

Mangelfall und Quote

Reicht das Einkommen nicht aus, um allen Unterhaltspflichten in voller Höhe nachzukommen, kommt es zur Mangelfallberechnung. Hier wird das verfügbare Einkommen prozentual aufgeteilt.

Selbstbehalt beachten

Der Selbstbehalt liegt derzeit für Erwerbstätige bei 1.450 €. Wird dieser unterschritten, kann eine Reduzierung der Unterhaltslast notwendig sein, um das Existenzminimum zu sichern.

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Ausbildungsbeginn und Volljährigkeit

Der mögliche Ausbildungsbeginn des 15-jährigen Kindes könnte die Unterhaltssituation verändern.

Ausbildung und eigene Einkünfte

Beginnt das Kind eine Ausbildung und erhält es eine Vergütung, so wird diese auf den Unterhaltsbedarf angerechnet (§ 1610 Abs. 2 BGB). Allerdings bleibt ein angemessener Freibetrag unberührt.

Anspruch auf Ausbildungsunterhalt

Auch während der Ausbildung besteht Anspruch auf Unterhalt. Der Bedarf ändert sich jedoch, weil das Kind nicht mehr betreut werden muss, sondern als “privilegierter Volljähriger” oder “volljähriges Kind in Ausbildung” betrachtet wird.

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Einfluss der Mutter auf die Berechnung

Ein oft übersehener Aspekt ist das Einkommen der Mutter des unterhaltsberechtigten Kindes.

Höheres Einkommen der Mutter

Wenn die Mutter des Kindes deutlich mehr verdient, kann das Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht des Vaters haben. Gemäß den OLG-Leitlinien (Punkt 12.1 und 12.3) kann bei erheblichem Einkommensgefälle eine Minderung der Unterhaltspflicht erfolgen.

Auskunftsanspruch nutzen

Gemäß § 1605 BGB besteht ein Auskunftsanspruch über die wirtschaftlichen Verhältnisse des anderen Elternteils. Dieser kann geltend gemacht werden, um eine faire Neuberechnung zu ermöglichen.

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Fazit zur Neuberechnung

Die Aussage, dass Zins und Tilgung bei der Kindesunterhaltsberechnung generell unberücksichtigt bleiben, ist überholt. Die Rechtsprechung erlaubt eine differenzierte Betrachtung, bei der auch persönliche Belastungen wie Hauskredite berücksichtigt werden können – vorausgesetzt, die finanzielle Realität wird offen dargelegt.

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Verhalten bei Unsicherheit

Wer unsicher ist, wie hoch der Kindesunterhalt tatsächlich sein sollte, sollte zunächst eine Auskunft über das Einkommen der Kindesmutter einholen. Parallel dazu empfiehlt sich eine anwaltliche Prüfung der Wohnvorteilsfrage.

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Prognose bei gegebener Konstellation

Mit einem monatlichen Nettoeinkommen von rund 3.100 € (inklusive Minijob), zwei kleinen Kindern im eigenen Haushalt und laufendem Hauskredit dürfte der Unterhaltspflichtige kaum mehr als den Mindestunterhalt von 520 € leisten müssen – sofern der Wohnvorteil effektiv durch Zins und Tilgung neutralisiert wird. Eine Reduktion unter diesen Betrag ist aber nur in besonderen Fällen möglich, etwa bei Ausbildungsvergütung oder erheblichem Mehrverdienst der Mutter.

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Fazit

Die Neue Kindesunterhaltsberechnung wird schnell zu einer komplexen Herausforderung, wenn sich familiäre und finanzielle Verhältnisse verändern – etwa durch Hauskauf, weitere Kinder oder veränderte Einkommensverhältnisse. Die gute Nachricht ist: Zins und Tilgung können in vielen Fällen berücksichtigt werden, wenn sie realistische wirtschaftliche Belastungen darstellen. Auch der Wohnvorteil wird nicht pauschal angesetzt, sondern muss unter Berücksichtigung des Schuldendienstes differenziert betrachtet werden. Wer also denkt, dass ein Immobilienkredit automatisch den Unterhalt erhöht, irrt sich – mit der richtigen Argumentation und Dokumentation lassen sich faire Lösungen finden. Entscheidend ist dabei nicht nur das eigene Einkommen, sondern auch die wirtschaftliche Lage des anderen Elternteils. Wer hier Klarheit schafft, schützt sich selbst und sorgt zugleich für gerechte Bedingungen für alle betroffenen Kinder.

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FAQ

Wie wird der Wohnvorteil bei einem Hauskredit im Unterhalt angerechnet?

Der Wohnvorteil wird nicht pauschal, sondern nach Abzug von Zins und Tilgung berechnet. Wenn der Kredit hoch ist, kann der Wohnwert sogar auf null sinken. Das wirkt sich positiv auf die Neue Kindesunterhaltsberechnung aus.

Kann ich durch weitere Kinder weniger Unterhalt zahlen?

Ja, denn alle minderjährigen Kinder haben laut § 1609 BGB denselben Rang. Bei beschränktem Einkommen kommt es zu einer prozentualen Aufteilung nach dem sogenannten Mangelfallprinzip.

Wird das Einkommen meiner neuen Ehefrau mit angerechnet?

Nein. Für die Neue Kindesunterhaltsberechnung zählt nur das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils. Das Einkommen der neuen Partnerin bleibt außen vor – es sei denn, es beeinflusst indirekt die Lebenssituation, etwa durch Kostenübernahme.

Was passiert, wenn mein erstes Kind eine Ausbildung beginnt?

Dann ändert sich der Status des Kindes. Eigene Einkünfte wie Ausbildungsvergütung werden auf den Unterhaltsbedarf angerechnet, was die Zahlungspflicht senken kann.

Darf ich Zins und Tilgung als Altersvorsorge geltend machen?

Ja, laut BGH kann die Tilgung einer selbstgenutzten Immobilie als sekundäre Altersvorsorge bewertet werden. In diesem Fall wird sie vom Wohnwert abgezogen, was die Unterhaltspflicht reduziert.

Was ist, wenn die Kindesmutter deutlich mehr verdient?

In dem Fall kann laut OLG-Leitlinien eine Anpassung des Unterhalts erfolgen. Wichtig ist, dass Sie Ihren Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB nutzen, um das Einkommen der Mutter zu ermitteln.

Kann ich den Kindesunterhalt eigenständig neu berechnen?

Sie können es versuchen, aber rechtssicher ist das nur mit Unterstützung eines Fachanwalts oder über das Jugendamt. Besonders bei der Wohnvorteilsfrage ist juristische Erfahrung hilfreich.

Wie hoch ist der Selbstbehalt derzeit?

Für Erwerbstätige liegt der Selbstbehalt aktuell bei 1.450 € (Stand 2025). Wird dieser unterschritten, kann eine Reduktion der Unterhaltspflicht beantragt werden.

Was zählt alles zum unterhaltsrelevanten Einkommen?

Neben dem Gehalt auch Nebeneinkünfte, Sachleistungen, Wohnvorteile und teilweise steuerfreie Zuschüsse. Wichtig ist: Alles muss dokumentiert werden, um in die Berechnung einzufließen.

Wie oft darf man die Kindesunterhaltsberechnung anpassen?

Grundsätzlich immer dann, wenn sich wesentliche Umstände ändern: neues Kind, neues Einkommen, Ausbildungsbeginn, Erwerb einer Immobilie etc. Eine regelmäßige Prüfung lohnt sich also.

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