Rauswurf erwachsenes Kind: Droht mit 27 wirklich Obdachlosigkeit?

Darf eine Mutter ihr erwachsenes Kind mit 27 einfach vor die Tür setzen – trotz psychischer Behinderung und laufendem Rentenantrag? Die Frage klingt hart, betrifft aber viele stille Konflikte im familiären Alltag. Wenn es dann noch um einen ungeklärten Untermietvertrag und fehlendes Einkommen geht, wird die Lage schnell brisant. Was rechtlich erlaubt ist – und was nicht – klären wir jetzt.

Drohender Rauswurf mit 27 – ein typischer Fall

Ein 27-jähriger Mann lebt arbeitslos und ohne abgeschlossene Ausbildung bei seiner Mutter. Seine anerkannte psychische Behinderung (GdB 50) ist Grund für ein laufendes Erwerbsminderungsrentenverfahren. Das Jobcenter stuft ihn als dauerhaft erwerbsunfähig ein. Ein Untermietvertrag liegt unausgefüllt auf dem Tisch. Plötzlich kündigt die Mutter an, ihn rauszuwerfen. Was bedeutet das rechtlich?

Keine gesetzliche Unterhaltspflicht mehr

Mit Erreichen der Volljährigkeit endet grundsätzlich der elterliche Unterhaltsanspruch, sofern das Kind nicht in Ausbildung ist. Bei über 25-Jährigen ohne schulische oder berufliche Qualifikation besteht keine generelle Unterhaltspflicht mehr – auch nicht aus familiärer Fürsorgepflicht. Die Ausnahme: Es liegt ein klarer Bedarf aufgrund nachgewiesener Krankheit oder Behinderung vor, der auf elterliche Unterhaltspflicht übertragen werden kann (§ 1601 BGB).

Psychische Erkrankung und Sozialhilferecht

Der GdB 50 alleine genügt nicht, um eine rechtliche Schutzstellung gegen den Rauswurf zu begründen. Entscheidend ist, ob eine Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 43 SGB VI festgestellt wird. Bis dahin kann das Sozialamt zuständig sein – aber nur bei tatsächlicher Hilfebedürftigkeit und keiner bestehenden familiären Unterhaltsverpflichtung. Die Kommune muss dann ggf. eine Notunterkunft zuweisen (§ 67 SGB XII).

Unterhalt volljähriges Kind Jobcenter: Was gilt wirklich? 👆

Rechtliche Lage ohne Mietvertrag

Steht kein unterschriebener Untermietvertrag zwischen Mutter und Sohn, liegt aus juristischer Sicht keine vertragliche Bindung vor. Daraus folgt: Der Sohn lebt geduldet, aber ohne mietrechtlichen Schutz im Haus.

Hausrecht der Mutter ohne Vertrag

Ohne Mietvertrag greift das Hausrecht der Eigentümerin (§ 903 BGB). Das bedeutet: Die Mutter kann ihrem Sohn den Aufenthalt im Haus verbieten. Theoretisch wäre ein sofortiger Rauswurf möglich – Schlosswechsel inklusive. Praktisch wird dies durch die Polizei nur bei akuter Störung oder Gewaltdrohung durchsetzbar.

Untermietvertrag als Schutz?

Ein gültiger Untermietvertrag hätte weitreichende Folgen: Kündigungsschutz, gesetzliche Fristen (§ 573c BGB), Mietrecht nach BGB. Eine ordentliche Kündigung müsste mit Frist erfolgen, meist drei Monate. Ohne triftigen Grund – etwa Eigenbedarf oder Vertragsverletzung – ist eine außerordentliche Kündigung kaum durchsetzbar. Eine fristlose Kündigung setzt z.B. grobes Fehlverhalten voraus (§ 543 BGB).

Unterhalt Wechselmodell berechnen: Was zählt wirklich? 👆

Soziale Sicherung bei drohendem Rauswurf

Niemand muss in Deutschland obdachlos sein – so lautet zumindest das sozialrechtliche Ideal. Wer von einem Elternteil aus dem Haus gedrängt wird, kann sich an verschiedene Stellen wenden.

Kommune als Ansprechpartner

Die örtliche Gemeinde bzw. das Sozialamt muss nach § 67 SGB XII Betroffene in besonderen sozialen Schwierigkeiten unterstützen. Dazu gehören psychisch Kranke, Wohnungslose oder von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen. Der erste Schritt ist der Gang zum Sozialamt – nicht zur Polizei.

Übergangswohnungen und Betreutes Wohnen

Besonders für psychisch kranke junge Erwachsene existieren Übergangsmodelle: Trägerwohnungen, betreute WGs, Sozialprojekte von Wohlfahrtsverbänden (z.B. Caritas, Diakonie). Sie bieten nicht nur Unterkunft, sondern auch psychosoziale Begleitung und Hilfe bei Behördenkontakt oder Wohnungssuche.

Umgangsrecht Übernachtung: Wenn das Kind leidet 👆

Erwerbsminderungsrente – Hoffnung oder Illusion?

Viele Betroffene glauben, mit einem Antrag auf Erwerbsminderungsrente automatisch sozialrechtlich abgesichert zu sein. Doch die Realität ist härter.

Voraussetzungen für Erwerbsminderungsrente

Nach § 43 SGB VI braucht es mindestens fünf Jahre Versicherungszeit und davon drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre. Wer in den letzten Jahren kaum gearbeitet hat, erfüllt diese Voraussetzung nicht – auch bei nachgewiesener Erkrankung. Der Antrag läuft ins Leere, und Sozialhilfe greift nur, wenn die Erwerbsunfähigkeit durch ärztliche Gutachten bestätigt wurde.

Alternative: Grundsicherung vom Sozialamt

Wenn alle Rentenvoraussetzungen fehlen, bleibt als letzte Option die Grundsicherung bei dauerhafter Erwerbsunfähigkeit (§ 41 SGB XII). Aber auch hier prüft das Amt streng. Die Mutter könnte theoretisch zur Zahlung herangezogen werden, wenn sie leistungsfähig ist – was in der Praxis jedoch selten durchgesetzt wird.

Neue Kindesunterhaltsberechnung trotz Hauskredit? 👆

Verhalten bei drohender Eskalation

Die Mutter ist genervt, der Sohn verzweifelt – was jetzt? Wie kann man reagieren, bevor die Situation eskaliert?

Deeskalation und Einigung

Der erste Schritt ist immer das Gespräch: Gemeinsame Vereinbarung über Auszugstermin, Übergangslösungen, eventuell Hilfe bei Wohnungssuche. Ein unterschriebener Untermietvertrag mit klarer Kündigungsregelung kann helfen, Zeit zu gewinnen – sofern beide Parteien zustimmen.

Rechtsschutz prüfen

Falls die Mutter doch zum „Rausschmiss“ greift, ist schnelles Handeln gefragt. Eine einstweilige Verfügung kann unter bestimmten Umständen verhindern, dass der Auszug sofort erfolgt – zum Beispiel bei Verletzung der Schutzpflichten gegenüber einem psychisch Erkrankten. Dafür braucht es aber rechtliche Beratung, am besten durch einen Fachanwalt für Sozialrecht.

Namensänderung volljähriger Kinder nach Scheidung 👆

Fazit

Wer als erwachsenes Kind – wie im Fall „Rauswurf mit über mit 27“ – noch bei den Eltern wohnt, lebt rechtlich gesehen oft in einer Grauzone. Ohne Mietvertrag besteht kein Kündigungsschutz, und das Hausrecht der Mutter erlaubt im Zweifel auch einen plötzlichen Rauswurf. Gleichzeitig greifen Sozialleistungen erst dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind – sei es im Hinblick auf die Erwerbsminderungsrente oder die Grundsicherung durch das Sozialamt. Besonders bei psychischer Erkrankung ist schnelle, strukturierte Hilfe essenziell, um eine Obdachlosigkeit zu verhindern. Entscheidend ist, frühzeitig mit den Behörden in Kontakt zu treten und den Dialog mit der Familie zu suchen, bevor die Situation eskaliert. Der Begriff „Rauswurf erwachsenes Kind“ steht dabei nicht nur für juristische Konsequenzen, sondern auch für emotionale Brüche, die oft eine klare Kommunikation und professionelle Unterstützung erfordern.

Unterhalt Jobcenter Heirat Ex-Frau: Zahlungspflicht wirklich beendet? 👆

FAQ

Kann meine Mutter mich ohne Mietvertrag sofort rauswerfen?

Ja, ohne Untermietvertrag besteht kein mietrechtlicher Schutz. Das Hausrecht erlaubt es der Mutter grundsätzlich, das erwachsene Kind zum Verlassen der Wohnung aufzufordern – auch ohne Frist. In der Praxis sollte dies jedoch nicht ohne Vorwarnung geschehen, da eine polizeiliche Durchsetzung nur in Ausnahmefällen möglich ist.

Was bedeutet ein Untermietvertrag für den Verbleib im Elternhaus?

Ein rechtsgültiger Untermietvertrag sichert den Verbleib ab und gewährt Kündigungsschutz nach § 573c BGB. Eine Kündigung muss schriftlich mit Frist erfolgen, meist drei Monate. Die Mutter kann dann nicht einfach das Schloss austauschen oder den Rauswurf androhen, solange der Vertrag besteht.

Welche Rolle spielt die psychische Erkrankung im Konflikt?

Ein anerkannter Grad der Behinderung (GdB 50) allein schützt nicht automatisch vor dem Rauswurf. Entscheidend ist, ob eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit nachgewiesen ist. Dann können Sozialhilferechte greifen, und unter Umständen auch Unterhaltspflichten der Eltern bestehen.

Welche Hilfe bekomme ich vom Sozialamt bei drohendem Rauswurf?

Bei akuter Obdachlosigkeit stellt das Sozialamt Notunterkünfte zur Verfügung (§ 67 SGB XII). Zusätzlich gibt es Unterstützungsangebote wie betreutes Wohnen oder Trägerwohnungen, insbesondere für psychisch Erkrankte. Ein frühzeitiger Antrag ist entscheidend, um rechtzeitig Hilfe zu erhalten.

Kann ich Erwerbsminderungsrente bekommen, wenn ich nie gearbeitet habe?

Nur bedingt. Für die Erwerbsminderungsrente (§ 43 SGB VI) sind fünf Jahre Mindestversicherungszeit nötig, davon drei Jahre Pflichtbeiträge. Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, hat keinen Anspruch. Alternativ kann Grundsicherung nach SGB XII beantragt werden.

Darf meine Mutter das Schloss austauschen, wenn ich nicht gehe?

Theoretisch ja, praktisch problematisch. Ohne Mietvertrag darf sie das, doch bei psychischer Erkrankung oder Sozialhilfebedarf kann eine solche Maßnahme als unverhältnismäßig gelten. Behörden oder Gerichte können unter Umständen eingreifen, wenn Schutzpflichten verletzt werden.

Was kann ich tun, um mich vor einem plötzlichen Rauswurf zu schützen?

Der beste Schutz ist ein schriftlicher Untermietvertrag. Alternativ kann durch Vermittlung z. B. durch das Jugendamt oder soziale Träger eine einvernehmliche Lösung erzielt werden. Im Ernstfall ist der Gang zum Sozialamt oder zu einem Fachanwalt für Sozialrecht sinnvoll.

Gibt es noch eine Unterhaltspflicht der Mutter für mich?

Nur bei nachgewiesener dauerhafter Erwerbsunfähigkeit kann eine sogenannte Verwandtenunterstützungspflicht (§ 1601 BGB) greifen. Das wird jedoch genau geprüft – Einkommen und Vermögen der Mutter spielen dabei eine große Rolle. Ohne diese Pflicht ist sie nicht verpflichtet, für dich zu sorgen.

Was bedeutet „Rauswurf erwachsenes Kind“ rechtlich genau?

Der Begriff beschreibt die Situation, in der Eltern ihr volljähriges Kind ohne mietrechtliche Absicherung aus dem Haushalt entfernen. Rechtlich hängt die Bewertung stark davon ab, ob ein Mietvertrag existiert, ob Unterstützungsbedarf besteht und wie das Verhalten der Beteiligten zu bewerten ist.

An wen kann ich mich bei einer Eskalation wenden?

Anlaufstellen sind das Sozialamt, örtliche Wohnungsnotfallstellen, psychiatrische Dienste und Wohlfahrtsverbände wie Caritas oder Diakonie. Diese helfen bei der Unterbringung, Anträgen und Vermittlung in soziale Unterstützungsprojekte – insbesondere bei psychischer Erkrankung.

Unterhalt Sorgerecht Einfluss – Zählt Geld beim Sorgerecht? 👆
0 0 votes
Article Rating
Subscribe
Notify of
guest
0 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments