Rente fiktives Einkommen ist ein Thema, das im Familienrecht oft für Streit sorgt. Besonders beim nachehelichen Unterhalt stellt sich die Frage, ob eine Person sich auf Arbeitsunfähigkeit berufen darf, ohne diese nachzuweisen, und ob ein möglicher Rentenanspruch auch dann als Einkommen berücksichtigt wird. Genau hier wird es spannend, weil Rechtsprechung und Gesetz klare Anforderungen stellen.
Fallbeispiel zur Rente als fiktives Einkommen
In einem typischen Fall fordert eine geschiedene Person Unterhalt und verweist auf eine vollständige Arbeitsunfähigkeit. Der Nachweis dieser Erwerbsunfähigkeit liegt jedoch noch nicht vor. Der unterhaltspflichtige Ex-Partner stellt sich nun die Frage, ob dennoch ein fiktives Einkommen angerechnet werden kann. Hintergrund ist, dass im deutschen Familienrecht die sogenannte Erwerbsobliegenheit gilt. Jede unterhaltsberechtigte Person muss grundsätzlich ihre Arbeitskraft einsetzen, um den eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Kann sie dies nicht, muss sie es nachweisen. Solange dieser Nachweis fehlt, darf das Gericht von einem möglichen Einkommen ausgehen.
Gerichtliche Praxis zur Erwerbsobliegenheit
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Az. XII ZR 157/06) macht deutlich, dass bei fehlendem Nachweis über die Erwerbsunfähigkeit fiktives Einkommen angerechnet werden kann. Das bedeutet, der Unterhaltsberechtigte wird so behandelt, als ob er eine Tätigkeit ausüben würde, die seiner Ausbildung und seinem gesundheitlichen Zustand entspricht.
Beispiel aus der Praxis
Stellt ein geschiedener Ehepartner keinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente, obwohl gesundheitliche Einschränkungen vorliegen, kann das Gericht prüfen, ob ein Rentenanspruch realistisch wäre. Tut die Person nichts, um diese Ansprüche geltend zu machen, kann die Rente ebenfalls als fiktives Einkommen berücksichtigt werden. Grundlage hierfür ist die Pflicht, alle zumutbaren Möglichkeiten zur Selbstversorgung auszuschöpfen (§ 1572, § 1573 BGB).
Reform Namensrecht 2025 – 3 zentrale Fragen 👆Rechtliche Grundlagen der Anrechnung
Die Frage, ob eine Rente fiktiv angerechnet werden darf, ist nicht nur theoretisch, sondern gesetzlich verankert. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt den nachehelichen Unterhalt und die Pflichten des Berechtigten.
Gesetzliche Vorgaben im BGB
Im § 1573 BGB wird die Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit beschrieben. Wer nicht arbeitet, muss nachvollziehbare Gründe darlegen. Wird lediglich behauptet, arbeitsunfähig zu sein, reicht das nicht aus. Ohne medizinisches Gutachten oder Rentenbescheid darf der Unterhaltspflichtige so behandelt werden, als ob er Einkommen erzielen würde.
Rolle der Rentenversicherung
Die Rentenversicherung entscheidet, ob ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente besteht. Erst wenn ein entsprechender Bescheid vorliegt, entfällt die fiktive Anrechnung. Bis dahin kann das Gericht darauf bestehen, dass ein theoretisches Renteneinkommen in die Unterhaltsberechnung einfließt.
Unterhalt Teilzeit Reduzierung – 3 wichtige Fakten 👆Auswirkungen auf die Unterhaltshöhe
Ob und in welcher Höhe eine Rente als fiktives Einkommen berücksichtigt wird, hat unmittelbare Folgen für den Zahlbetrag des Unterhalts.
Berechnung mit fiktivem Einkommen
Wird eine Erwerbsminderungsrente nicht beantragt, obwohl die Voraussetzungen vorliegen könnten, rechnet das Gericht den Betrag an, den die Rente realistischerweise einbringen würde. Hierbei wird nicht spekulativ geschätzt, sondern es wird auf durchschnittliche Rentenhöhen abgestellt, die im jeweiligen Fall zu erwarten wären.
Gerichtliche Grenzen
Allerdings gilt eine Grenze: Gerichte dürfen keine unrealistischen Beträge ansetzen. Ein fiktives Einkommen darf nur dann berücksichtigt werden, wenn die betreffende Person objektiv in der Lage wäre, diesen Anspruch durchzusetzen. Willkürliche Anrechnungen sind ausgeschlossen, wie auch der BGH in mehreren Urteilen betont hat (z. B. BGH, Az. XII ZR 65/10).
Härtefall Scheidung – 3 wichtige Fakten 👆Möglichkeiten zur Gegenwehr
Unterhaltsberechtigte sind nicht völlig schutzlos. Sie haben die Möglichkeit, ihre gesundheitliche Situation mit ärztlichen Gutachten nachzuweisen und damit die Anrechnung fiktiver Rentenansprüche zu verhindern.
Nachweis durch medizinische Gutachten
Liegt ein fachärztliches Gutachten vor, das die volle Erwerbsunfähigkeit bestätigt, darf kein fiktives Einkommen angesetzt werden. Die Pflicht zur Eigenvorsorge entfällt in diesem Moment.
Antragstellung bei der Rentenversicherung
Um einer fiktiven Anrechnung zuvorzukommen, sollte der Betroffene rechtzeitig einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Selbst wenn dieser abgelehnt wird, zeigt die Antragstellung den Willen, die eigene Obliegenheit zu erfüllen. Das kann die Rechtsposition vor Gericht erheblich stärken.
Formulierung Protokoll Familiengericht – 3 wichtige Punkte 👆Fazit
Die Anrechnung von Rente fiktives Einkommen beim nachehelichen Unterhalt ist ein sensibles Thema, das stark vom Einzelfall abhängt. Solange eine behauptete Erwerbsunfähigkeit nicht nachgewiesen ist, können Gerichte ein fiktives Einkommen berücksichtigen, um die Unterhaltslast fair zu verteilen. Wird ein möglicher Rentenanspruch nicht geltend gemacht, kann auch eine nicht beantragte Erwerbsminderungsrente in die Berechnung einfließen. Entscheidend bleibt, dass der Unterhaltsberechtigte seiner Pflicht zur Eigenvorsorge nachkommt und glaubhaft darlegt, warum eine Erwerbstätigkeit oder ein Rentenbezug nicht möglich ist. Für die Praxis bedeutet das: Wer Unterhalt fordert, muss aktiv handeln, sei es durch Arbeitssuche oder Rentenantrag, andernfalls droht die Anrechnung eines fiktiven Einkommens.
Mutter will Umgang reduzieren – Rechte des Vaters 👆FAQ
Kann eine Rente immer als fiktives Einkommen angerechnet werden?
Nein, eine Rente wird nur dann als fiktives Einkommen berücksichtigt, wenn ein realistischer Anspruch besteht und der Betroffene diesen nicht geltend macht.
Was passiert, wenn keine Erwerbsunfähigkeit nachgewiesen wird?
In diesem Fall kann das Gericht davon ausgehen, dass der Unterhaltsberechtigte arbeiten könnte und daher ein fiktives Einkommen ansetzen.
Muss ein Rentenantrag zwingend gestellt werden?
Ja, nach ständiger Rechtsprechung besteht die Pflicht, mögliche Rentenansprüche aktiv zu verfolgen. Unterbleibt dies, kann der Anspruch dennoch fiktiv angerechnet werden.
Welche Rolle spielt die Rentenversicherung bei der Entscheidung?
Die Rentenversicherung prüft und entscheidet über Erwerbsminderungs- oder Erwerbsunfähigkeitsrenten. Ohne ihren Bescheid bleibt es beim Ansatz eines fiktiven Einkommens.
Gibt es Grenzen für die Höhe des fiktiven Einkommens?
Ja, Gerichte dürfen nur realistische und nachvollziehbare Beträge berücksichtigen, die auf Grundlage der individuellen Situation erwartet werden können.
Kann ein ärztliches Gutachten die Anrechnung verhindern?
Ja, ein Gutachten, das eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit bestätigt, schließt die fiktive Anrechnung aus.
Welche Paragraphen im BGB sind maßgeblich?
Wesentlich sind § 1572 und § 1573 BGB, die die Pflicht zur Erwerbstätigkeit und den Anspruch auf Unterhalt regeln.
Wie wirkt sich das auf die Höhe des Unterhalts aus?
Wird eine Rente als fiktives Einkommen berücksichtigt, sinkt der Unterhaltsanspruch, da das angenommene Einkommen gegengerechnet wird.
Was bedeutet „Rente fiktives Einkommen“ für den Unterhaltspflichtigen?
Für den Unterhaltspflichtigen bedeutet es, dass er weniger zahlen muss, wenn das Gericht dem Unterhaltsberechtigten ein fiktives Einkommen aus Rente anrechnet.
Kann ein abgelehnter Rentenantrag negative Folgen haben?
Nein, im Gegenteil: Die Antragstellung zeigt, dass der Berechtigte seiner Obliegenheit nachkommt. Wird der Antrag abgelehnt, entfällt die Grundlage für ein fiktives Einkommen.
Diverse Vorsorgevollmachten richtig nutzen 👆