Umgangsrecht verweigert wegen Krankheit?

Umgangsrecht verweigert – dieser Satz sorgt oft für Stress, besonders wenn sich Eltern uneinig über den Gesundheitszustand des Kindes sind. In diesem Fall geht es um eine Mutter, die ihr krankes Kind ins Wochenende holen wollte – trotz Freizeitparkplänen. Doch wie sieht die rechtliche Lage aus, wenn ein Elternteil den Umgang verweigert?

Umgangsverweigerung bei Krankheit – was ist erlaubt?

Die zentrale Frage in diesem Fall lautet: Darf ein Elternteil den Umgang verweigern, wenn das Kind krank ist? Klingt erstmal logisch – doch die Rechtslage ist komplexer.

Gesetzliche Grundlage: § 1684 BGB

Das Umgangsrecht ist in § 1684 BGB geregelt. Dort heißt es, dass jedes Elternteil ein Recht und eine Pflicht zum Umgang mit dem Kind hat. Gleichzeitig verpflichtet der Absatz 2 beide Eltern dazu, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigen könnte. Eine eigenmächtige Umgangsverweigerung kann also als Störung dieses Verhältnisses gewertet werden – insbesondere, wenn keine eindeutige medizinische Beurteilung vorliegt.

Krankheit allein reicht nicht aus

Wie mehrere Gerichte betont haben, stellt eine bloße Krankheit des Kindes keinen automatischen Grund dar, den Umgang auszusetzen. Besonders deutlich formulierte dies das OLG Schleswig (Az.: 10 WF 122/18): Auch bei fiebriger Erkältung ist der Umgang nicht ausgeschlossen, solange keine ärztlich bestätigte Transportunfähigkeit besteht. Im Klartext: Ein fieberndes Kind kann auch beim anderen Elternteil gepflegt werden – denn auch das gehört zum Familienalltag.

Entscheidung durch ärztliches Attest

Soll der Umgang tatsächlich ausgesetzt werden, ist ein ärztliches Attest nahezu unerlässlich. Das Attest muss ausdrücklich bestätigen, dass der Transport für das Kind gesundheitlich unzumutbar wäre. Ohne eine solche Bestätigung läuft man Gefahr, sich dem Vorwurf der Umgangsvereitelung auszusetzen – was wiederum gerichtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Gemeinsames Sorgerecht bedeutet gemeinsame Entscheidung

Besteht gemeinsames Sorgerecht (§ 1626 BGB), müssen beide Eltern bei entscheidenden Fragen kooperieren. Dazu gehört auch die Einschätzung, ob ein Kind gesund genug für einen geplanten Umgang ist. Einseitige Entscheidungen – wie in diesem Fall durch die Stiefmutter – können als Kompetenzüberschreitung gewertet werden.

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Rechtliche Folgen einer Umgangsverweigerung

In vielen Fällen bleibt eine einmalige Verweigerung folgenlos. Doch was, wenn der andere Elternteil rechtliche Schritte einleitet?

Ordnungsgeld nach § 89 FamFG

Wird der Umgang durch einen gerichtlichen Vergleich oder Beschluss geregelt, kann eine Umgangsvereitelung mit Ordnungsgeld oder Ordnungshaft geahndet werden. Nach § 89 FamFG sind bis zu 25.000 € Ordnungsgeld oder sogar Ordnungshaft möglich – wobei Gerichte in der Praxis meist bei ca. 500 € pro Verstoß bleiben. Beispiel: OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.09.2020 – 10 WF 622/20.

Voraussetzung: gerichtliche Umgangsregelung

Diese Sanktionen greifen jedoch nur, wenn eine verbindliche Umgangsregelung vorliegt. Fehlt eine solche, kann der andere Elternteil zunächst versuchen, eine gerichtliche Regelung mit Ordnungsmittelandrohung zu beantragen – inklusive Anwaltskosten für die Familie, die den Umgang verweigert hat.

Wiederholte Verstöße führen zu Konsequenzen

Wird der Umgang wiederholt verweigert, kann dies sogar in einem Antrag auf Umgangsänderung oder schlimmstenfalls in einem Verfahren zur Entziehung des Sorgerechts enden. Zwar ist das in der Praxis selten, aber keinesfalls ausgeschlossen, wenn eine systematische Blockade nachweisbar ist.

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Umgang mit Konflikten – was jetzt wichtig ist

So unangenehm der aktuelle Vorfall war – er bietet auch eine Chance, künftige Konflikte zu vermeiden. Denn am Ende geht es nicht um den Freizeitpark, sondern um Kommunikation und Vertrauen.

Umgangsregelung konkretisieren

Viele Probleme entstehen, weil in Umgangsvereinbarungen keine Ausnahmen geregelt sind. Gerade für Krankheit, Schulveranstaltungen oder private Pläne sollte eine flexible Regelung gefunden werden – idealerweise schriftlich, aber mindestens einvernehmlich. Eine solche Regelung schützt beide Seiten und schafft Sicherheit im Streitfall.

Rolle der Stiefeltern klar definieren

Ein weiterer Reibungspunkt in diesem Fall war die Rolle der „Zusatzmama“. Auch wenn ihre Sorge nachvollziehbar ist, entscheidet am Ende der sorgeberechtigte Elternteil – also in der Regel der leibliche Vater. Klare Absprachen, wer welche Kommunikation übernimmt, können hier helfen, Missverständnisse zu vermeiden.

Kindeswohl nicht vergessen

Letztlich steht das Kind im Mittelpunkt. Ob krank oder gesund – das Kind hat ein Recht auf beide Elternteile. Auch eine fiebrige Nacht kann bei Mama oder Papa stattfinden, solange es liebevoll betreut wird. Wer hier einseitig entscheidet, riskiert das Gegenteil von dem, was eigentlich gewollt ist: ein geschütztes, stabiles Umfeld für das Kind.

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Fazit

Die Frage, ob man den Umgang verweigern darf, wenn das Kind krank ist, lässt sich nicht pauschal mit Ja oder Nein beantworten. Entscheidend sind die Umstände – und vor allem die Kommunikation. Ein ärztliches Attest kann helfen, klare Verhältnisse zu schaffen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte zudem vermeiden, sich in das Wochenende des anderen Elternteils einzumischen – selbst wenn es um Freizeitparks geht. Denn das Umgangsrecht ist ein hohes Gut, und der Grat zwischen Fürsorge und Rechtsverstoß ist oft schmal.

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FAQ

Darf ich den Umgang verweigern, wenn das Kind krank ist?

Nicht ohne Weiteres. Eine leichte Erkrankung wie Fieber oder Erkältung rechtfertigt in der Regel keine Umgangsverweigerung. Es braucht ein ärztliches Attest, das explizit die Transportunfähigkeit bestätigt. Ohne diese Bestätigung kann eine eigenmächtige Verweigerung rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Muss ich als betreuender Elternteil Freizeitpläne des anderen Elternteils akzeptieren?

Ja, grundsätzlich schon. Der umgangsberechtigte Elternteil entscheidet, wie das Umgangswochenende gestaltet wird – auch wenn dies einen Freizeitparkbesuch beinhaltet. Der andere Elternteil darf nicht eigenmächtig eingreifen, solange keine Gefahr für das Kindeswohl besteht.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei einer unzulässigen Umgangsverweigerung?

Liegt eine verbindliche Umgangsregelung mit Ordnungsgeldandrohung (§ 89 FamFG) vor, kann ein Verstoß mit bis zu 25.000 € Ordnungsgeld oder sogar Ordnungshaft geahndet werden. In der Praxis liegen die Beträge jedoch meist bei etwa 500 € pro Verstoß.

Gilt das auch, wenn es nur ein einmaliger Vorfall war?

Bei einem einmaligen Vorfall sind gerichtliche Konsequenzen eher unwahrscheinlich – vor allem, wenn ein nachvollziehbarer Grund wie Krankheit vorliegt. Wiederholte Verstöße hingegen können zur Änderung der Umgangsregelung oder sogar zur Sorgerechtsprüfung führen.

Wer entscheidet bei gemeinsamem Sorgerecht über den Gesundheitszustand?

Bei gemeinsamem Sorgerecht sind beide Elternteile in medizinischen Fragen gleichberechtigt. Entscheidungen wie “Das Kind ist zu krank für den Umgang” sollten deshalb gemeinsam getroffen oder durch ärztliche Einschätzung objektiviert werden. Einseitige Entscheidungen sind riskant.

Hat die Stiefmutter Entscheidungsbefugnisse?

Nein. Sofern sie nicht sorgeberechtigt ist, hat sie rechtlich keine Entscheidungsgewalt. Ihre Meinung kann gehört werden, aber rechtlich bindend ist ausschließlich die Entscheidung des sorgeberechtigten Elternteils.

Muss ich Umgang nachholen, wenn ein Wochenende ausgefallen ist?

Es gibt keinen Automatismus für Nachholtermine, es sei denn, dies wurde ausdrücklich in der Umgangsregelung vereinbart. Dennoch ist es sinnvoll, bei einem ausgefallenen Termin freiwillig eine Alternative anzubieten, um Konflikte zu vermeiden und dem Kind Kontinuität zu ermöglichen.

Was, wenn der andere Elternteil mit Polizei oder Jugendamt droht?

Solche Drohungen sind oft emotional motiviert und nicht rechtlich begründet. Die Polizei ist nicht zuständig für Umgangsstreitigkeiten. Allerdings kann eine wiederholte Verweigerung tatsächlich zur Einschaltung des Jugendamts oder zu familiengerichtlichen Verfahren führen.

Wie kann ich mich absichern, wenn ich den Umgang aus berechtigtem Grund absagen muss?

Dokumentieren Sie die Krankheit mit einem ärztlichen Attest, kommunizieren Sie sachlich und frühzeitig mit dem anderen Elternteil und schlagen Sie möglichst einen Nachholtermin vor. So zeigen Sie Kooperationsbereitschaft und schützen sich vor rechtlichen Folgen.

Was kann ich tun, um solche Konflikte künftig zu vermeiden?

Eine klar formulierte Umgangsregelung, idealerweise mit Ausnahmeregelungen für Krankheit oder besondere Anlässe, schafft Sicherheit. Zudem hilft es, die Rollenverteilung innerhalb der Familie zu klären – etwa, wer kommuniziert und wer entscheidet. Und nicht zuletzt: Im Zweifel lieber einmal mehr miteinander sprechen.

 

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