Unterhalt Reduzierung möglich – viele Eltern stellen sich diese Frage, wenn der Ex-Partner plötzlich weniger zahlt, als nach der Düsseldorfer Tabelle vorgesehen wäre. Doch darf man das einfach so hinnehmen? In diesem Beitrag erkläre ich anhand eines konkreten Beispiels, wann eine Reduzierung des Kindesunterhalts tatsächlich zulässig ist und welche rechtlichen Schritte Betroffene kennen sollten.
Unterhalt Reduzierung Beispiel aus der Praxis
Eine Mutter berichtete, dass ihr Exmann bei einem Nettoeinkommen von rund 3.200 Euro lediglich 952 Euro Kindesunterhalt zahlen will, obwohl nach Berechnung eigentlich 1.250 Euro fällig wären. Die Differenz begründete er mit der Rechnung seiner Anwältin, die angeblich einen geringeren Zahlbetrag ausweist. Er selbst wohnt weiterhin im ehemals gemeinsamen Haus mit 140 Quadratmetern und 1.200 Euro monatlichen Kosten. Die Frage war nun: Muss die Mutter diese Kürzung akzeptieren?
Rolle des Jugendamts
Das Jugendamt berechnet den Kindesunterhalt in der Regel auf Grundlage der Düsseldorfer Tabelle. Es kann im Rahmen einer Beistandschaft sogar wie ein Anwalt für das Kind auftreten. Wenn der Unterhaltspflichtige jedoch weniger zahlt, als rechnerisch geschuldet ist, kann das Jugendamt beim Gericht Unterstützung leisten. Ein Unterhaltsvorschuss wird allerdings nur dann gezahlt, wenn der Unterhaltspflichtige gar nicht oder deutlich unter dem Mindestunterhalt leistet.
Unterhaltstitel und Vollstreckung
Entscheidend ist, ob bereits ein Unterhaltstitel besteht. Ein Unterhaltstitel ist ein vollstreckbarer Beschluss oder eine Jugendamtsurkunde, die den Zahlbetrag verbindlich festhält. Liegt ein solcher Titel vor, darf der Unterhaltspflichtige nicht einseitig weniger zahlen. Ohne gerichtliche Abänderung ist eine Reduzierung unzulässig. Nach § 1601 BGB sind Eltern ihren Kindern gegenüber grundsätzlich barunterhaltspflichtig. Bei Kürzungen ohne gerichtliche Änderung kann daher aus dem Titel vollstreckt werden.
Kindesunterhalt Düsseldorfer Tabelle richtig verstehen 👆Wohnkosten und Lebensstil des Unterhaltspflichtigen
Viele Betroffene fragen sich, ob hohe Wohnkosten des Unterhaltspflichtigen eine Rolle spielen. Grundsätzlich gilt: Es kommt nicht darauf an, ob er in einem großen Haus lebt oder eine günstigere Wohnung wählen könnte. Maßgeblich ist das bereinigte Nettoeinkommen. Dazu gehören Gehalt, abzüglich bestimmter abzugsfähiger Posten wie berufsbedingte Aufwendungen, aber auch ein Wohnvorteil, wenn jemand mietfrei im eigenen Haus wohnt. Dieser Wohnvorteil wird fiktiv dem Einkommen hinzugerechnet.
Selbstbehalt als Schutzgrenze
Das Recht schützt den Unterhaltspflichtigen durch den sogenannten Selbstbehalt. Dieser beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle 2024 mindestens 1.450 Euro beim Kindesunterhalt. Verdient der Unterhaltspflichtige 3.200 Euro netto, so liegt er nach Bereinigung der Einkünfte meist deutlich über dieser Grenze. Ein einfaches „Herunterrechnen“ auf 952 Euro ist damit rechtlich nicht haltbar, solange der Selbstbehalt nicht unterschritten wird.
Aktiendepot nach Scheidung wem gehört es wirklich 👆Gerichtliche Klärung bei Uneinigkeit
Wenn sich die Eltern nicht einigen können, bleibt oft nur der Gang vor Gericht. Dort wird geprüft, ob eine Abänderung des Unterhaltstitels gerechtfertigt ist. Maßstab sind die §§ 1601 ff. BGB sowie die aktuelle Düsseldorfer Tabelle. Ein Gericht berücksichtigt das gesamte Einkommen, Sonderausgaben, Kredite und auch Wohnvorteile. Der Hinweis einer Anwältin allein reicht nicht aus, um den Unterhalt einseitig zu kürzen.
Abänderungsklage
Nach § 239 FamFG kann der Unterhaltspflichtige eine Abänderungsklage stellen, wenn sich seine Einkommenssituation wesentlich geändert hat. Das gilt beispielsweise bei Arbeitslosigkeit, Krankheit oder erheblichen Einkommenseinbußen. Reine Luxusentscheidungen, wie das Festhalten an einem großen Haus, rechtfertigen jedoch keine Abänderung.
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Unterhalt Reduzierung möglich klingt für viele Eltern zunächst nach einer einfachen Lösung, wenn die finanzielle Belastung groß wird. Doch in der Praxis zeigt sich, dass eine Kürzung nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen erlaubt ist. Maßgeblich sind die Regelungen in den §§ 1601 ff. BGB sowie die Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle. Wer bereits an einen Unterhaltstitel gebunden ist, darf nicht einseitig weniger zahlen, sondern muss eine Abänderungsklage einreichen. Betroffene sollten sich daher bewusst machen, dass eine Unterhaltsreduzierung nur durchsetzbar ist, wenn die Einkünfte tatsächlich gesunken sind oder der Selbstbehalt gefährdet wäre. Für den Unterhaltsempfänger bedeutet dies wiederum, dass er Kürzungen nicht ohne Weiteres hinnehmen muss, sondern auf die volle Zahlung bestehen kann.
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Kann der Ex-Partner den Unterhalt einfach selbst reduzieren?
Nein, eine einseitige Kürzung ist nicht zulässig, wenn ein Unterhaltstitel besteht. Nur durch eine gerichtliche Abänderung kann eine Anpassung erfolgen.
Spielt die Wohnsituation des Unterhaltspflichtigen eine Rolle?
Grundsätzlich nicht. Ob jemand in einem großen Haus wohnt oder in einer kleinen Wohnung, ist unerheblich. Entscheidend ist das bereinigte Einkommen, in das ein Wohnvorteil einberechnet werden kann.
Was bedeutet Selbstbehalt beim Kindesunterhalt?
Der Selbstbehalt ist die Summe, die dem Unterhaltspflichtigen mindestens bleiben muss, um seinen eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Nach aktueller Düsseldorfer Tabelle liegt dieser beim Kindesunterhalt bei 1.450 Euro.
Kann das Jugendamt eine Unterhalt Reduzierung möglich machen?
Das Jugendamt kann den Unterhalt berechnen und beurkunden, aber keine einseitige Kürzung durchsetzen. Nur ein Gericht kann den Unterhalt rechtlich wirksam reduzieren.
Was passiert, wenn weniger gezahlt wird als im Titel steht?
In diesem Fall kann der Unterhaltsempfänger die ausstehende Summe vollstrecken lassen, beispielsweise durch Lohnpfändung.
Wann ist eine Abänderungsklage erfolgreich?
Eine Abänderungsklage hat nur Erfolg, wenn sich die Einkommensverhältnisse wesentlich geändert haben, etwa durch Jobverlust oder Krankheit.
Erhalte ich Unterhaltsvorschuss, wenn der Unterhalt zu niedrig ist?
Unterhaltsvorschuss wird nur gewährt, wenn gar kein oder deutlich weniger als der Mindestunterhalt gezahlt wird. Eine leichte Kürzung gleicht das Jugendamt nicht automatisch aus.
Muss ich die Berechnung der Anwältin meines Ex-Partners akzeptieren?
Nein, Sie müssen diese Berechnung nicht akzeptieren. Wenn ein Unterhaltstitel existiert, gilt dieser verbindlich, bis ein Gericht etwas anderes entscheidet.
Welche rechtliche Grundlage gibt es für den Unterhaltsanspruch?
Die Unterhaltspflicht ergibt sich aus § 1601 BGB. Kinder haben Anspruch auf angemessenen Barunterhalt, der sich nach der Leistungsfähigkeit des Elternteils richtet.
Was ist, wenn der Unterhaltspflichtige seine Zahlungen immer wieder kürzt?
In diesem Fall ist es ratsam, rechtliche Schritte einzuleiten. Mit Hilfe des Jugendamts oder eines Anwalts können die vollen Beträge eingefordert und notfalls gerichtlich durchgesetzt werden.
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