Unterhalt ü21 – Wer muss wirklich noch zahlen?

Unterhalt ü21 sorgt immer wieder für Bauchschmerzen, sobald erwachsene Kinder plötzlich weiter Geld verlangen – oder Väter wie in unserem Fall einfach weiter überweisen, obwohl niemand weiß, ob überhaupt noch ein Anspruch besteht. Klingt vertraut? Dann lies weiter, denn hier bekommst du einen klaren Fahrplan durch das juristische Dickicht.

Unterhalt ü21

Rechtslage schnell erfassen

In diesem Abschnitt ordne ich erst die wichtigsten Baustellen – Titel, Ausbildung, Einkommen – ein, bevor ich im Detail auf die einzelnen Fragen eingehe. Am Ende kennst du nicht nur die Paragrafen, sondern auch die nächsten Schritte, die wirklich etwas verändern.

Titel prüfen

Warum wichtig

Ein vollstreckbarer Unterhaltstitel wirkt wie ein Dauerauftrag des Gesetzes. Existiert er, kann das Kind nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO jederzeit pfänden, selbst wenn der materielle Anspruch längst erloschen ist. Das erklärt, warum „gutmütiges Weiterzahlen“ keine gute Idee ist, sondern eher eine schlafende Bombe darstellt.

§ 767 ZPO und Abänderung

Willst du den Titel loswerden, führt kein Weg an der Abänderungsklage (§ 239 FamFG i. V. m. § 767 ZPO) vorbei. Solange das Gericht den alten Titel nicht anpasst oder aufhebt, musst du zahlen – Punkt. Die Düsseldorfer Tabelle hilft nur bei der Höhe, ändert aber nichts am Titel selbst.

Erstausbildung Ende

Gesetzliche Grundlage

Nach § 1610 Abs. 2 BGB endet die Unterhaltspflicht in der Regel mit Abschluss der ersten berufsqualifizierenden Ausbildung. Das war hier vermutlich die zweijährige Fachschule zur „Geprüften Sozialassistentin“.

BGH XII ZR 189/09

Der Bundesgerichtshof hat 2010 klargestellt, dass Eltern ihren Kindern nur eine realistische, zielgerichtete Erstausbildung schulden. Wird sie planmäßig beendet, ist Schluss – selbst wenn das Kind danach noch Träume hat.

Folgeausbildung Regeln

Lückenloses Aufstocken

Beginnt das Kind nahtlos eine auf der Erstausbildung aufbauende Qualifikation – etwa Sozialassistentin → Erzieherin –, kann es weiter Unterhalt fordern. Entscheidend ist laut BGH XII ZB 192/16, dass keine wesentliche Pause entsteht und der neue Weg erkennbar auf dem ersten Abschluss aufsetzt.

Pflicht zur Eigenleistung

Verdient das Kind während der Dualausbildung Geld, mindert dieses nach § 1603 BGB den elterlichen Bedarf. Kurz gesagt: Gehalt rein, Unterhalt runter.

Einkommen anrechnen

Netto statt Brutto

Die Nettoeinnahmen des Kindes werden eins zu eins gegen den Bedarf gestellt. Liegt das Gehalt über der Studierendenpauschale von derzeit rund 860 € monatlich, kann der Anspruch vollständig entfallen. Wichtig: Belege anfordern, ansonsten greift das Auskunftsrecht (§ 1605 BGB).

Praktischer Tipp

Viele Eltern scheuen die Nachfrage. Doch ohne Gehaltsabrechnung stehst du im Dunkeln. Eine schlichte E‑Mail mit Zwei‑Wochen‑Frist reicht oft, um Bewegung ins Spiel zu bringen – andernfalls drohst du per Einschreiben mit gerichtlicher Klärung.

Auskunft einfordern

Formal korrekt

Die Aufforderung sollte ausdrücklich Namen, Frist und verlangte Unterlagen nennen: Ausbildungs‑ oder Arbeitsvertrag, Schul‑ bzw. Hochschulbescheinigung, aktuelle Lohnabrechnungen. Fehlen die Daten, ruht jede Zahlung bis zur Klärung – das ist juristisch abgesichert (OLG Hamm, 2 UF 213/20).

Duale Kommunikation

E‑Mail genügt als erster Schritt, doch der sichere Weg führt über Einschreiben oder den Anwalt. Nur so lässt sich später beweisen, dass eine ordnungsgemäße Anfrage gestellt wurde.

EMA Sperre umgehen

Melderegister blockiert?

Viele volljährige Kinder setzen eine Auskunftssperre nach § 51 BMG. Ein Anwalt kann trotzdem über § 17 FamFG in Kombination mit § 758a ZPO eine Anschrift für die Zustellung erwirken oder notfalls per öffentlicher Zustellung klagen. Klingt technisch – funktioniert aber.

Kosten‑Nutzen‑Abwägung

Gerichtliche Maßnahmen kosten Zeit und Nerven, doch eine Kontopfändung wegen eines uralten Titels ist teurer. Ein kurzes Beratungsgespräch bei einer Fachanwältin für Familienrecht macht hier den entscheidenden Unterschied.

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Lösungsstrategie Schritt für Schritt

Schnapp dir zuerst alle Unterlagen: alter Titel, Zahlungsbelege, die beiden aktuellen Schreiben der Tochter. Dann formulierst du eine förmliche Auskunftsaufforderung unter Verweis auf § 1605 BGB und setzt eine 14‑Tage‑Frist. Parallel buchst du einen Termin bei einer Fachanwältin, um sofort die Abänderungsklage vorzubereiten. Läuft alles glatt, zahlst du entweder den reduzierten Unterhalt oder gar nichts mehr – und das ohne Angst vor einer plötzlichen Pfändung.

Fazit mit Augenzwinkern

Unterhalt ü21 ist kein Fass ohne Boden, sondern eher ein Labyrinth mit klaren Ausgängen – wenn man die richtigen Türen kennt. Hol dir juristische Hilfe, fordere Belege und lass den alten Titel nicht weiter ticken. So schläfst du wieder ruhig, und deine Tochter weiß genau, woran sie ist.

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FAQ

Muss ich als Vater nach dem 21. Geburtstag meiner Tochter noch Unterhalt zahlen?

Das kommt darauf an, ob sie sich noch in einer einheitlichen, berufsqualifizierenden Ausbildung befindet und ob ein Titel existiert. Wenn deine Tochter ihre erste Ausbildung bereits abgeschlossen hat und jetzt eine zweite begonnen hat, musst du nur noch dann zahlen, wenn diese neue Ausbildung direkt auf der ersten aufbaut – also lückenlos und inhaltlich zusammenhängend. Sonst nicht. Entscheidend ist auch, ob sie bereits eigenes Einkommen erzielt. Dann kann der Anspruch wegfallen oder sich stark reduzieren.

Was ist, wenn meine Tochter mir keine Ausbildungs- oder Gehaltsnachweise gibt?

Dann bist du gesetzlich nicht mehr verpflichtet, einfach so weiter Unterhalt zu zahlen. Nach § 1605 BGB kannst du eine Auskunft verlangen. Wenn sie nicht innerhalb einer gesetzten Frist reagiert, kannst du die Zahlungen einstellen – zumindest vorläufig. Wichtig ist, dass du deine Forderung schriftlich stellst und das auch nachweisen kannst, z. B. per Einschreiben oder mit Hilfe eines Anwalts.

Gilt ein alter Unterhaltstitel auch noch nach der Volljährigkeit?

Ja, sehr wahrscheinlich. Viele Titel aus der Jugendamtszeit gelten automatisch weiter, auch wenn das Kind volljährig wird. Das ist gefährlich, denn der Titel kann jederzeit zur Zwangsvollstreckung genutzt werden – selbst wenn faktisch kein Anspruch mehr besteht. Deshalb solltest du unbedingt prüfen (lassen), ob es einen Titel gibt und ob du ihn anfechten bzw. abändern kannst (§ 239 FamFG i. V. m. § 767 ZPO).

Kann ich einfach so mit den Zahlungen aufhören?

Nur dann, wenn du sicher bist, dass kein Titel mehr existiert und kein Anspruch mehr besteht. Andernfalls kann dich ein plötzlicher Pfändungsbescheid sehr teuer zu stehen kommen. Wenn du Zweifel hast, sichere dich rechtlich ab – im besten Fall mit anwaltlicher Hilfe. Zahlungen solltest du nur dann einstellen, wenn du zuvor Auskunft verlangt und keine Reaktion erhalten hast.

Was passiert, wenn ich ihre Adresse nicht kenne?

Dann kannst du eine EMA-Anfrage (Melderegisterauskunft) stellen – allerdings gibt es manchmal eine Auskunftssperre (§ 51 BMG). In so einem Fall kann ein Anwalt über das Familiengericht eine öffentliche Zustellung beantragen (§ 17 FamFG, § 185 ZPO). Es gibt also immer Wege, wie du deine Rechte durchsetzen kannst, auch wenn der Kontakt abgebrochen ist.

Reicht eine schulische Ausbildung wie „Sozialassistentin“ aus, um die Unterhaltspflicht zu beenden?

Ja, wenn sie damit eine anerkannte berufliche Qualifikation erlangt hat, endet die Unterhaltspflicht grundsätzlich. Sollte sie danach noch eine zweite Ausbildung beginnen, musst du nur dann weiterhin zahlen, wenn die neue Ausbildung direkt auf der ersten aufbaut – zum Beispiel der klassische Weg: Sozialassistentin → Erzieherin. Auch hier gilt: Nur wenn es lückenlos weitergeht und inhaltlich logisch aufeinander aufbaut.

Was, wenn sie inzwischen Geld verdient?

Dann muss ihr Einkommen auf den Unterhaltsanspruch angerechnet werden. Bei einem Verdienst aus einer dualen Ausbildung oder regulären Teilzeitbeschäftigung kann sich der Anspruch deutlich reduzieren oder sogar vollständig entfallen. Deshalb solltest du immer Gehaltsabrechnungen anfordern – das steht dir zu.

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