Unterhalt und Grundsicherung – diese Kombination sorgt in vielen Familien für Unsicherheit, besonders wenn eine erwachsene, schwerbehinderte Person in einer Partnerschaft lebt. Wer ist dann tatsächlich unterhaltspflichtig? Und wann besteht ein Anspruch auf Grundsicherung? In diesem Beitrag gehen wir der Sache auf den Grund und beleuchten sowohl die rechtlichen als auch die praktischen Aspekte.
Beispiel einer komplexen Familiensituation
Stellen wir uns vor, eine 30-jährige Frau lebt mit ihrem Freund und dem gemeinsamen Kleinkind in einem Haushalt. Aufgrund einer Schwerbehinderung ist sie dauerhaft voll erwerbsunfähig. Ihr Vater erhält weiterhin Kindergeld für sie, weil die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist. Bürgergeld kommt für sie nicht infrage, da sie nicht erwerbsfähig ist. Ein Antrag auf Grundsicherung wird abgelehnt, weil das Einkommen des Partners bei rund 2.500 € netto liegt und dieser laut Behörde unterhaltspflichtig ist.
Konflikt zwischen Unterhaltspflicht und Sozialleistung
In dieser Konstellation wird schnell klar: Hier treffen familienrechtliche Pflichten und sozialrechtliche Anspruchsprüfungen aufeinander. Während das Sozialamt den Partner als unterhaltspflichtig einstuft, verweist das Steuerrecht auf den Vater als unterhaltspflichtige Person. Der Haken: Der Vater ist nicht leistungsfähig, und das Kindergeld allein reicht kaum zum Lebensunterhalt.
Kindesunterhalt Umzugskosten rechtlich prüfen 👆Rechtliche Grundlage der Unterhaltspflicht
Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander zum Unterhalt verpflichtet. Das bedeutet, dass der Vater der Frau grundsätzlich unterhaltspflichtig bleibt. Allerdings gilt auch § 1360 BGB, wonach Ehegatten und in gefestigten Lebensgemeinschaften lebende Partner einander Unterhalt schulden, soweit dies möglich ist.
Unterhaltspflicht in nichtehelicher Lebensgemeinschaft
Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit gemeinsamem Kind begründet keine gesetzliche Pflicht zur gegenseitigen finanziellen Unterstützung in allen Fällen, wohl aber entstehen faktische Unterhaltsverpflichtungen, wenn der Partner den Lebensunterhalt tatsächlich trägt. Im Sozialrecht wird dies als Bedarfsgemeinschaft bewertet (§ 7 Abs. 3 SGB II), was bedeutet, dass das Einkommen des Partners in die Berechnung einfließt.
Familienhilfe Jugendamt Übergewicht Kind – Ihre Rechte 👆Steuerrechtliche Absetzbarkeit von Unterhalt
Viele gehen davon aus, dass Unterhaltszahlungen an den Partner steuerlich geltend gemacht werden können. Doch § 33a EStG sieht Abzugsmöglichkeiten nur unter bestimmten Bedingungen vor – insbesondere darf kein Kindergeld bezogen werden, das dem Unterhaltsempfänger zuzurechnen ist. Da hier der Vater Kindergeld erhält, ist der Partner steuerlich benachteiligt und kann die Unterstützung nicht ohne weiteres absetzen.
Kindergeld und Abzweigungsantrag
Nach § 74 EStG kann ein sogenannter Abzweigungsantrag gestellt werden, damit das Kindergeld direkt an die betroffene Person oder deren Haushalt ausgezahlt wird. Dies könnte im Beispiel helfen, den finanziellen Druck etwas zu mindern, auch wenn es die Unterhaltspflicht des Partners im Sozialrecht nicht aufhebt.
Namensänderung neues Gesetz einfach erklärt 👆Anspruch auf Grundsicherung
Die Grundsicherung nach SGB XII prüft das gesamte Haushaltseinkommen. Lebt die Antragstellerin mit einem Partner zusammen, der über ein ausreichendes Einkommen verfügt, wird kein Anspruch bestehen. Das gilt selbst dann, wenn familienrechtlich der Vater unterhaltspflichtig wäre, weil das Sozialrecht auf die tatsächliche Haushaltsgemeinschaft abstellt.
Möglichkeiten der Unterstützung
Neben einem Abzweigungsantrag könnten weitere Leistungen wie Wohngeld (§ 1 WoGG) oder Kinderzuschlag (§ 6a BKGG) in Betracht kommen, sofern die Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Auch Pflegeleistungen nach SGB XI könnten relevant sein, wenn ein Pflegegrad vorliegt.
Wechselmodell Manipulation Ex-Partner stoppen 👆Typische Missverständnisse
Viele Betroffene glauben, dass die steuerliche Absetzbarkeit des Unterhalts automatisch die rechtliche Pflicht definiert – das ist falsch. Ebenso wird oft angenommen, dass nur der Vater oder nur der Partner zahlen muss. Tatsächlich hängt die Antwort stark davon ab, ob man das Problem aus familienrechtlicher oder sozialrechtlicher Sicht betrachtet.
Gemeinsames Sorgerecht Kita Entscheidung verstehen 👆Fazit
Die Kombination aus Unterhalt und Grundsicherung sorgt in der Praxis oft für Verwirrung, weil familienrechtliche und sozialrechtliche Regelungen nicht deckungsgleich sind. Während nach BGB in erster Linie der Vater in gerader Linie unterhaltspflichtig sein kann, bewertet das Sozialrecht die tatsächliche Lebenssituation und bezieht das Einkommen des Partners in einer Bedarfsgemeinschaft mit ein. Dadurch kann der Anspruch auf Grundsicherung entfallen, auch wenn der Vater offiziell unterhaltspflichtig bleibt. Wer sich in einer solchen Situation befindet, sollte sowohl familienrechtliche Ansprüche als auch sozialrechtliche Möglichkeiten wie Wohngeld oder einen Abzweigungsantrag prüfen. Eine individuelle Beratung ist fast immer nötig, um unnötige finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Staatliche Haftung Kindeswohlgefährdung prüfen 👆FAQ
Kann der Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft immer unterhaltspflichtig sein?
Nein, nicht automatisch. Im Sozialrecht wird bei einer gefestigten Lebensgemeinschaft mit gemeinsamem Kind jedoch eine Bedarfsgemeinschaft angenommen, wodurch das Einkommen des Partners berücksichtigt wird.
Hat der Vater der erwachsenen, schwerbehinderten Person weiterhin Unterhaltspflichten?
Ja, nach § 1601 BGB bleibt die Unterhaltspflicht bestehen, wenn die Leistungsfähigkeit gegeben ist. Ist er nicht leistungsfähig, kann diese Pflicht faktisch entfallen.
Kann man Unterhaltszahlungen an den Partner steuerlich absetzen?
Unterhalt und Grundsicherung beeinflussen die Absetzbarkeit. Nach § 33a EStG ist ein Abzug nur möglich, wenn kein Kindergeld für den Unterhaltsempfänger bezogen wird.
Was bringt ein Abzweigungsantrag beim Kindergeld?
Ein Abzweigungsantrag nach § 74 EStG ermöglicht, dass das Kindergeld direkt an die betroffene Person oder ihren Haushalt ausgezahlt wird, anstatt an den Kindergeldberechtigten.
Beeinflusst das Kindergeld den Anspruch auf Grundsicherung?
Ja, das Kindergeld wird als Einkommen berücksichtigt und kann dazu führen, dass der Anspruch auf Grundsicherung sinkt oder entfällt.
Kann Wohngeld helfen, wenn Grundsicherung abgelehnt wird?
Ja, wenn die Einkommensgrenzen eingehalten werden, kann Wohngeld eine Alternative oder Ergänzung sein.
Muss das Sozialamt immer zuerst den Vater zur Zahlung auffordern?
Nicht zwingend. Das Sozialamt bewertet vorrangig die aktuelle Haushalts- und Einkommenssituation und rechnet das Partnereinkommen an.
Was ist der Unterschied zwischen familienrechtlicher und sozialrechtlicher Unterhaltspflicht?
Familienrechtlich wird nach Verwandtschaft und Leistungsfähigkeit entschieden, sozialrechtlich nach tatsächlicher Lebensgemeinschaft und gemeinsamem Einkommen.
Kann man gleichzeitig Unterhalt vom Vater und Grundsicherung bekommen?
Ja, aber nur, wenn das Einkommen aus Unterhalt und anderen Quellen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu sichern.
Lohnt sich in solchen Fällen immer eine Rechtsberatung?
Unbedingt, da Unterhalt und Grundsicherung unterschiedliche Gesetze betreffen und die optimale Lösung oft nur durch individuelle Prüfung gefunden werden kann.
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