Unterhalt volljähriges Kind: So berechnest du

Unterhalt volljähriges Kind – kaum wird der Nachwuchs 18, stehen Eltern plötzlich vor neuen Spielregeln und fragen sich: „Zahle ich noch richtig oder schon zu viel?“ In diesem Beitrag erfährst du Schritt für Schritt, was wirklich gilt, wie du rechtssicher handelst – und welche Rolle Gesetzesgrundlagen dabei tatsächlich spielen.

Rechtliche Basis

Sobald dein Kind volljährig ist, greift § 1601 BGB unverändert: Eltern bleiben unterhaltspflichtig, doch ab jetzt müssen beide in bar leisten. § 1603 BGB setzt die Leistungsfähigkeit als Grenze, während § 1606 Abs. 3 BGB bestimmt, dass die Haftung nach Einkommensverhältnissen aufgeteilt wird. Ein wichtiges Detail liefert § 1612a BGB: Das Kindergeld wird hälftig angerechnet, wodurch sich der tatsächliche Zahlbetrag reduziert. In der Praxis bedeutet das, dass die Düsseldorfer Tabelle zwar eine Orientierung bietet, die endgültige Summe aber erst nach Abzug des Kindergeldes und einer prozentualen Aufteilung feststeht.

Bedarf nach Tabelle 2025

Seit Januar 2025 liegt der monatliche Grundbedarf eines volljährigen Kindes im Elternhaushalt bei 693 Euro. Zieht dein Kind aus und führt einen eigenen Haushalt, steigt der Satz laut Tabelle auf 990 Euro. Bis zu 440 Euro davon sind pauschal für Miete gedacht – alles darüber hinaus musst du nur tragen, wenn es im Einzelfall angemessen ist. Eine Entscheidung des BGH vom 30. April 2014 (XII ZB 161/13) hat das bestätigt und damit den Rahmen festgezurrt.

Kindergeld wird verrechnet

Viele übersehen das Kindergeld, doch § 1612b BGB macht es glasklar: Die staatliche Leistung kürzt den Bedarf jeweils zur Hälfte. Bei einem Bedarf von 693 Euro sinkt der offen zu deckende Betrag so auf 438 Euro. Erst diese Zahl verteilst du anschließend nach den Einkommensquoten der Eltern – und genau hier wird es spannend, wenn einer deutlich mehr verdient.

Einkommensauskunft der Eltern

Dein Kind hat gemäß § 1605 BGB ein Recht auf Auskunft. Verweigert ein Elternteil – häufig ist das die mitbetreuende Mutter – den Lohnnachweis, kann der Unterhaltsanspruch nicht sauber belegt werden. Ein wegweisendes Urteil des OLG Hamm (II‑6 UF 178/21) hebt hervor, dass bei fehlender Auskunft die Zahlungspflicht des anderen Elternteils sogar entfallen kann. Wichtig: Existiert bereits ein Unterhaltstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), musst du diesen zunächst per Abänderungsklage nach § 239 FamFG kippen, sonst bleibt er vollstreckbar.

§ 1605 erklärt

Auskunftspflicht konkret

Der Paragraf verlangt nicht nur nackte Gehaltsabrechnungen. Auch Steuerbescheide, Bonuszahlungen und vermögenswirksame Leistungen gehören dazu, weil sie das bereinigte Nettoeinkommen prägen.

Frist und Sanktion

Kommt die Auskunft nicht innerhalb angemessener Frist (meist vier Wochen), darf das Kind das Einkommen schätzen lassen. Gerichte orientieren sich dann an Tabellenwerten, was für den säumigen Elternteil teuer werden kann.

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Praktisches Vorgehen für Eltern

Einkommensquote berechnen

Starte mit euren aktuellen Nettoeinkommen. Beispiel: Du verdienst 2 500 Euro, die Mutter 1 100 Euro. Gemeinsam kommt ihr auf 3 600 Euro. Dein Anteil liegt also bei rund 69 Prozent, ihrer bei 31 Prozent. Auf den verbleibenden Bedarf von 438 Euro entfallen damit 302 Euro auf dich und 136 Euro auf sie.

Zahlungstitel prüfen

Liegt ein alter Titel aus der Minderjährigkeit vor, zahle vorerst weiter, aber bereite parallel die Abänderung vor. Ohne Abänderung kann deine Tochter pfänden, auch wenn die Höhe nicht mehr stimmt. Eine anwaltliche Kurzeinschätzung verhindert teure Fehler – denn im Abänderungsverfahren gilt Anwaltszwang (§ 114 FamFG).

Jugendamt oder Gericht?

Nach dem 18. Geburtstag endet die Beistandschaft automatisch. Deine Tochter kann sich zwar beraten lassen, das Amt ersetzt jedoch kein Gericht. Scheitern Einigungsversuche, bleibt nur die familiengerichtliche Stufenklage: Zuerst Auskunft, dann Zahlung, zuletzt Vollstreckung.

Verfahrenskosten im Blick

Beratungshilfe nutzen

Bei niedrigem Eigen­einkommen deiner Tochter übernimmt der Staat einen Großteil der Kosten. Der Berechtigungsschein gibt ihr den Rücken frei, ohne eure Familienkasse weiter zu belasten.

Prozesskostenhilfe beantragen

Sollte der Streit eskalieren, mindert PKH nach §§ 114 ff. ZPO das Kostenrisiko deutlich – vorausgesetzt, die Klage hat Aussicht auf Erfolg.

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Lösungsweg Schritt für Schritt

Formuliere noch vor dem 18. Geburtstag ein freundliches Schreiben an Mutter und Tochter. Bitte um vollständige Einkommensbelege innerhalb von vier Wochen und kündige an, ab September 2025 nur noch den nach Tabelle und Quote berechneten Betrag zu zahlen. Erhältst du keine Unterlagen, setze eine Nachfrist und kündige die gerichtliche Klärung an. Häufig genügt schon diese Ansage, um Bewegung in die Sache zu bringen. Kommen dennoch keine Daten, stellst du den Zahlbetrag vorläufig ein und beantragst Abänderung des Titels. Klingt nervig? Ja. Lohnt es sich? Absolut, wenn man bedenkt, dass Fehlbeträge sich schnell auf Tausende Euro summieren können.

Und falls du beim Lesen dachte­st: „Das ist mir alles viel zu juristisch“ – keine Sorge. Halte dich einfach an den Dreiklang Auskunft | Quote | Titelprüfung, dann bleibst du auf der sicheren Seite und dein erwachsenes Kind bekommt genau das, was ihm zusteht – nicht mehr, nicht weniger.

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FAQ

Wann endet die Unterhaltspflicht bei volljährigen Kindern?

Die Unterhaltspflicht endet nicht automatisch mit dem 18. Geburtstag. Vielmehr besteht sie fort, solange sich das Kind in einer erstmaligen allgemeinen Schulausbildung oder Berufsausbildung befindet (§ 1610 Abs. 2 BGB). Das bedeutet: Macht das Kind Abitur, eine Lehre oder ein Studium, sind die Eltern weiter barunterhaltspflichtig – in der Regel bis zum ersten abgeschlossenen berufsqualifizierenden Abschluss. Danach nur noch bei besonderen Umständen, etwa einer nahtlosen zweiten Ausbildung mit sachlichem Zusammenhang.

Muss ich nach dem 18. Geburtstag direkt an mein Kind zahlen?

Ja, grundsätzlich schon. Sobald das Kind volljährig ist, steht ihm der Unterhalt direkt zu. Das bedeutet: Der Zahlbetrag wird nicht mehr an den betreuenden Elternteil gezahlt, sondern auf das Konto des Kindes überwiesen. Das gilt unabhängig davon, ob das Kind noch im Elternhaus wohnt oder schon ausgezogen ist.

Wie viel Unterhalt steht meinem Kind zu?

Der Bedarf bemisst sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Im Jahr 2025 liegt der Regelbedarf für volljährige Kinder im Elternhaushalt bei 693 Euro, bei eigenem Haushalt sogar bei 990 Euro. Davon wird das Kindergeld hälftig abgezogen. Der verbleibende Betrag ist dann zwischen beiden Elternteilen anteilig nach ihrem Einkommen aufzuteilen.

Wer bestimmt, wie der Bedarf verteilt wird?

Es gibt keine automatische staatliche Stelle, die das für dich übernimmt. Wenn es keine Beistandschaft mehr gibt, müssen sich die Eltern privat abstimmen oder im Streitfall über das Familiengericht gehen. Grundlage der Verteilung ist § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB: Jeder Elternteil haftet nach Maßgabe seiner Einkommensverhältnisse.

Was passiert, wenn ein Elternteil keine Einkommensauskunft gibt?

Dann wird es problematisch. Denn das Kind – oder der andere Elternteil – kann die Höhe des Unterhalts nicht berechnen, wenn eine Seite keine Unterlagen einreicht. Beide Eltern sind zur Auskunft nach § 1605 BGB verpflichtet. Verweigert jemand die Auskunft, kann ein fiktives Einkommen geschätzt oder die Zahlung verweigert werden – solange kein Unterhaltstitel besteht. Bei bestehendem Titel muss eine gerichtliche Abänderung erfolgen (§ 239 FamFG).

Was ist ein Unterhaltstitel – und muss ich ihn beachten?

Ein Unterhaltstitel ist ein vollstreckbarer Beschluss oder Vertrag, zum Beispiel vom Jugendamt oder Gericht (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Solange dieser nicht gerichtlich abgeändert wurde, muss der darin festgelegte Betrag weitergezahlt werden – auch wenn sich die Berechnungsgrundlage längst geändert hat. Daher ist es wichtig, vor der Volljährigkeit des Kindes eine rechtzeitige Abänderung zu beantragen.

Kann mein Kind auch auf das Jugendamt zurückgreifen?

Ab dem 18. Lebensjahr nicht mehr im Rahmen einer Beistandschaft – denn diese endet automatisch mit der Volljährigkeit. Das Jugendamt kann aber weiterhin beratend tätig sein, etwa bei der Formulierung von Anfragen oder bei Auskunftsbegehren. Rechtlich verbindliche Schritte muss das Kind selbst einleiten – ggf. mit Unterstützung durch Beratungshilfe (§§ 114 ff. ZPO).

Was ist, wenn mein Kind eigenes Einkommen hat?

Eigene Einkünfte – etwa aus Nebenjobs, Praktika oder BAföG – mindern den Unterhaltsanspruch. Dabei wird meist ein pauschaler Abzug für berufsbedingte Aufwendungen berücksichtigt (etwa 100 Euro). Wichtig ist: Ein Minijob während der Schulzeit hat in der Regel keine Auswirkung auf den Anspruch, wohl aber eine reguläre Beschäftigung mit mehr als 20 Stunden Wochenarbeitszeit.

Muss ich Unterhalt zahlen, wenn mein Kind die Ausbildung abbricht?

Nein – jedenfalls nicht dauerhaft. Wird die Ausbildung ohne triftigen Grund abgebrochen, kann der Unterhaltsanspruch ruhen oder entfallen. Das Kind ist verpflichtet, die Ausbildung zielstrebig und ernsthaft zu verfolgen. Auch längere „Orientierungsphasen“ nach dem Schulabschluss müssen nicht unbegrenzt finanziert werden. Es kommt aber immer auf die Umstände im Einzelfall an.

Kann ich den Unterhalt verweigern, wenn mein Kind den Kontakt abbricht?

Das allein reicht nicht aus, um den Unterhalt komplett einzustellen. Auch wenn der Kontakt schwierig oder nicht mehr vorhanden ist, bleibt die Pflicht in der Regel bestehen. Eine Ausnahme kann jedoch vorliegen, wenn das Kind sich schwerwiegend loyalitätswidrig verhält oder bewusst Kontakt verweigert, um nur den finanziellen Vorteil zu sichern – das bestätigen vereinzelt Urteile wie OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. April 2014 – 5 UF 250/13.

Was sollte ich tun, wenn ich mir unsicher bin?

Lass dich nicht durch gefährliches Halbwissen oder widersprüchliche Ratschläge verunsichern. Im Zweifel solltest du eine anwaltliche Erstberatung einholen – oder dein Kind direkt um eine vollständige Bedarfsauskunft bitten. Eine schriftliche, sachliche Kommunikation ist dabei das A und O. Und: Lieber früh klären als spät streiten.

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