Was passiert mit dem Unterhalt, wenn ein bald volljähriges Kind keinen Kontakt zum unterhaltspflichtigen Elternteil hat und der Anspruch ans Jobcenter abgetreten wurde? Genau das sorgt in vielen Familien für Unsicherheit – besonders wenn die Volljährigkeit näher rückt. In diesem Beitrag analysieren wir eine reale Konstellation, erklären die Rechtslage und zeigen, worauf man achten sollte, um finanzielle und rechtliche Fallstricke zu vermeiden.
Kein Kontakt zum Kind – Unterhaltspflicht trotzdem?
Ein Vater zahlt jahrelang pflichtbewusst Unterhalt für sein Kind, obwohl er keinerlei Kontakt mehr dazu hat. Die Mutter lebt von Bürgergeld, das Kind wohnt bei ihr, verweigert jedoch jeglichen Kontakt zum Vater. Der Unterhalt ist durch eine Jugendamtsurkunde tituliert und wurde an das Jobcenter abgetreten. Das Kind steht kurz vor dem 18. Geburtstag und beginnt bald eine Ausbildung – doch was ändert sich mit der Volljährigkeit?
Jugendamtsurkunde und Anspruchsübergang
Der bestehende Unterhaltstitel wurde beim Jugendamt errichtet und regelt den monatlichen Unterhalt für ein minderjähriges Kind. Solange das Kind minderjährig ist, kann die unterhaltsberechtigte Mutter den Anspruch gemäß § 33 SGB II an das Jobcenter abtreten, wenn sie Bürgergeld bezieht. Dieses wiederum tritt anstelle des Kindes als Gläubiger auf und kann die Zahlungen direkt beim Vater geltend machen.
Kontaktverweigerung des Kindes
Auch wenn das Kind den Kontakt zum Vater seit Jahren verweigert, hat dies grundsätzlich keinen Einfluss auf die gesetzliche Unterhaltspflicht. Erst bei schwerwiegendem Fehlverhalten, das über Kontaktverweigerung hinausgeht (z.B. Beleidigungen, Bedrohungen, Rufschädigung), kann laut ständiger Rechtsprechung des BGH (z. B. BGH, Urteil vom 12.04.2017 – XII ZB 157/16) über eine Unterhaltspflichtverwirkung diskutiert werden. Im vorliegenden Fall liegt dies jedoch nicht vor.
Unterhalt Wechselmodell berechnen: Was zählt wirklich? 👆Übergang zur Volljährigkeit – was verändert sich?
Sobald das Kind 18 Jahre alt wird, verschieben sich die rechtlichen Zuständigkeiten deutlich – sowohl bei der Anspruchsberechtigung als auch bei der Höhe und Verteilung der Unterhaltspflicht.
Ab wann gilt der Volljährigenunterhalt?
Der Unterhalt ist grundsätzlich im Voraus zu zahlen (§ 1612 Abs. 3 BGB). Wird ein Kind etwa am 13. eines Monats volljährig, gilt für den gesamten Monat bereits der Volljährigenunterhalt – unabhängig vom konkreten Geburtsdatum. Denn mit dem ersten Tag des Monats wird die Fälligkeit bestimmt. Eine anteilige Umstellung wäre zwar sachlich sinnvoll, ist aber gesetzlich nicht vorgesehen.
Barunterhalt durch beide Elternteile
Mit Volljährigkeit entfällt die sogenannte Betreuungsunterhaltspflicht eines Elternteils. Beide Elternteile sind dann anteilig zum Barunterhalt verpflichtet (§ 1606 Abs. 3 BGB). Da die Mutter in diesem Fall jedoch über kein Einkommen verfügt, muss der Vater in der Regel den vollständigen Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes abdecken – es sei denn, das Kind erzielt eigenes Einkommen.
Berücksichtigung von Ausbildungsvergütung und Kindergeld
Beginnt das Kind eine Ausbildung, ist dessen Vergütung einkommensmindernd anzurechnen. Davon abzuziehen ist eine pauschale Ausbildungsaufwandspauschale – meist 100 €, wie z. B. in den Leitlinien des OLG Düsseldorf vorgesehen. Auch das Kindergeld ist vollständig – nicht mehr nur zur Hälfte – anzurechnen.
Ein Beispiel:
Der Gesamtbedarf liegt bei 700 €. Das Kind verdient 600 € brutto, davon 100 € Pauschale – also 500 € anrechenbar. Hinzu kommen 250 € Kindergeld. Damit stehen dem Kind 750 € zur Verfügung, was den Bedarf übersteigt – eine Unterhaltspflicht entfällt in diesem Fall vollständig.
Welche Auskunftsansprüche bestehen?
Ein Unterhaltstitel kann nur dann erfolgreich abgeändert oder aufgehoben werden, wenn der Verpflichtete einen Wegfall oder eine wesentliche Änderung der Umstände nachweisen kann (§ 313 BGB).
Auskünfte vom Jobcenter oder Kind?
Da der Anspruch zunächst an das Jobcenter abgetreten wurde, kann dieses als Gläubiger auftreten und wäre auch auskunftspflichtig. Der Vater kann also beim Jobcenter Informationen zur Bedarfslage anfordern. Gleichzeitig kann (und sollte) er auch beim Kind direkt nachfragen, um doppelte Informationsquellen zu nutzen.
Form der Zustellung – was ist sicher?
Im Idealfall genügt zunächst eine einfache schriftliche Anfrage per Post oder E-Mail. Wird auf solche Auskunftsersuchen nicht reagiert und steht die Volljährigkeit kurz bevor, ist ein Einwurfeinschreiben ratsam. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt das Schreiben durch einen Gerichtsvollzieher zustellen – das ist zwar teurer, aber rechtssicher.
Neue Kindesunterhaltsberechnung trotz Hauskredit? 👆Änderung oder Löschung der Jugendamtsurkunde
Eine Jugendamtsurkunde bleibt auch nach Volljährigkeit bestehen – sie ist ein vollstreckbarer Titel, solange sie nicht geändert oder aufgehoben wird. Eine freiwillige Einigung zwischen dem Vater und dem Jobcenter kann unter Umständen ausreichen, wenn das Jobcenter Inhaber der Urkunde ist.
Wer ist für die Änderung zuständig?
Entscheidend ist, wer im Besitz des Titels ist. Befindet sich die Urkunde beim Jobcenter, kann eine schriftliche Vereinbarung mit dem Amt zur Herausgabe oder Abänderung führen. Ist jedoch das Kind Gläubiger, ist dessen Zustimmung erforderlich. Dies bedeutet: Der Vater müsste sich auch mit dem Kind über die Anpassung des Titels einigen, was bei fehlendem Kontakt problematisch werden kann.
Abänderungsklage als letzter Schritt
Kommt keine Einigung zustande, bleibt nur der Weg über eine sogenannte Abänderungsklage gemäß § 239 FamFG. Dabei wird das Familiengericht eingeschaltet, um die neue Unterhaltspflicht prüfen zu lassen. Eine solche Klage ist komplex, aber oft notwendig, wenn der ursprüngliche Titel der neuen Lebensrealität nicht mehr entspricht.
Namensänderung volljähriger Kinder nach Scheidung 👆Zahlung an das volljährige Kind – ohne Kontonummer?
Mit der Volljährigkeit ist das Kind selbst anspruchsberechtigt – das heißt: Der Unterhalt muss nicht mehr an die Mutter, sondern an das Kind direkt gezahlt werden.
Unbekannte Kontoverbindung – was tun?
Ist dem Vater die Kontoverbindung des Kindes nicht bekannt, darf er den Unterhalt nicht einfach einbehalten. Er ist weiterhin verpflichtet, den Betrag zu leisten. Eine rechtssichere Möglichkeit besteht darin, den Unterhalt beim zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen (§ 372 BGB). Dort kann der Betrag bis zur Klärung verwahrt werden, ohne dass der Vater in Verzug gerät.
Kann das Jobcenter die Kontodaten herausgeben?
Das Jobcenter ist aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen nicht verpflichtet, die Kontodaten eines Dritten – also hier des Kindes – weiterzugeben. Der Vater muss sich also bemühen, die Kontoverbindung auf anderem Wege zu ermitteln, etwa durch direkte Kontaktaufnahme oder über das Kind selbst. Reagiert dieses nicht, bleibt – wie erwähnt – nur die gerichtliche Hinterlegung.
Unterhalt Jobcenter Heirat Ex-Frau: Zahlungspflicht wirklich beendet? 👆Fazit
Wenn ein Kind kurz vor der Volljährigkeit steht und kein Kontakt zum unterhaltspflichtigen Elternteil besteht, wirft das viele Fragen auf – vor allem wenn der Unterhaltsanspruch an das Jobcenter abgetreten wurde. Klar ist: Die Unterhaltspflicht endet nicht automatisch mit dem 18. Geburtstag. Vielmehr ändern sich die rechtlichen Voraussetzungen und die Berechnungsgrundlagen. Wer hier rechtzeitig handelt, Auskünfte einholt und gegebenenfalls die Jugendamtsurkunde anpassen lässt, kann spätere finanzielle Nachteile vermeiden. Gerade beim Thema „Unterhalt volljähriges Kind Jobcenter“ ist es entscheidend, die gesetzlichen Änderungen im Blick zu behalten und sowohl die eigenen Pflichten als auch die Rechte zu kennen. Wer unsicher ist, sollte frühzeitig rechtlichen Rat einholen – denn Fehler in dieser Phase können teuer werden.
Unterhalt Sorgerecht Einfluss – Zählt Geld beim Sorgerecht? 👆FAQ
Was passiert mit dem Unterhalt, wenn das Kind 18 wird?
Mit dem 18. Geburtstag wird das Kind volljährig und beide Elternteile sind grundsätzlich barunterhaltspflichtig. Die bisherige Regelung, dass ein Elternteil durch Betreuung seinen Anteil erfüllt, entfällt. Dies betrifft auch Fälle, in denen der Anspruch an das Jobcenter abgetreten war.
Gilt ab dem Geburtsdatum des Kindes der neue Unterhalt?
Nein, in der Regel wird der Volljährigenunterhalt bereits für den gesamten Monat fällig, in dem das Kind 18 Jahre alt wird – unabhängig vom exakten Geburtstag.
Muss ich den Unterhalt weiter an das Jobcenter zahlen?
Nach der Volljährigkeit ist grundsätzlich das Kind selbst unterhaltsberechtigt. Es sei denn, der Anspruch bleibt ausnahmsweise beim Jobcenter, etwa wenn Leistungen weiterhin bezogen werden und eine neue Abtretung vorliegt. Hier sollte geprüft werden, ob der „Unterhalt volljähriges Kind Jobcenter“ rechtlich korrekt weiterläuft.
Wird die Ausbildungsvergütung vollständig angerechnet?
Die Ausbildungsvergütung wird angerechnet, allerdings nach Abzug einer Aufwandspauschale. Diese liegt je nach Leitlinien bei etwa 100 €. Auch das Kindergeld wird in voller Höhe angerechnet.
Was kann ich tun, wenn ich keine Kontonummer des Kindes habe?
In diesem Fall darf der Unterhalt nicht einfach einbehalten werden. Eine rechtssichere Möglichkeit besteht darin, den Betrag beim Amtsgericht zu hinterlegen. So geraten Sie nicht in Verzug, auch wenn das Kind nicht reagiert.
Kann ich die Jugendamtsurkunde allein mit dem Jobcenter ändern?
Wenn das Jobcenter Inhaber des Titels ist, ist eine einvernehmliche Änderung möglich. Ist jedoch das Kind der Gläubiger, bedarf es dessen Zustimmung. Fehlt diese, bleibt nur die Abänderungsklage.
Welche Form ist bei Auskunftsersuchen am sichersten?
Einwurfeinschreiben ist eine gute Möglichkeit mit Nachweis. Noch sicherer – wenn auch teurer – ist die Zustellung über den Gerichtsvollzieher, vor allem bei nahender Frist oder Volljährigkeit.
Verliere ich meine Unterhaltspflicht, wenn das Kind keine Auskunft gibt?
Nein. Solange kein Nachweis über eine Wegfallgrundlage vorliegt, besteht die Unterhaltspflicht weiter. Der Unterhalt kann nur entfallen, wenn die Bedürftigkeit des Kindes entfällt – z. B. durch eigenes Einkommen.
Muss ich zwingend eine Abänderungsklage einreichen?
Nur wenn keine Einigung mit dem Kind oder dem Jobcenter möglich ist. Die Abänderungsklage ist oft der letzte, aber rechtlich sichere Weg, um sich gegen einen veralteten Titel zu wehren.
Kann die Kontaktverweigerung zur Verwirkung des Anspruchs führen?
Allein der fehlende Kontakt reicht nicht aus. Erst bei grobem Fehlverhalten des Kindes – wie z. B. ehrverletzenden Angriffen – kann die Verwirkung des Unterhalts gemäß § 1611 BGB in Betracht gezogen werden.
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