Wenn die Unterhaltsvorschusskasse plötzlich den Freibetrag auf dem P-Konto kürzt, ist die Verwirrung groß. Viele glauben, dass die Pfändungsfreigrenze unantastbar ist – doch bei Unterhaltsschulden gelten andere Regeln. In diesem Beitrag klären wir anhand eines echten Falls, was wirklich rechtens ist.
Kürzung der Pfändungsfreigrenze – ein realer Fall
Ein Mann, der zwei unterhaltspflichtige Kinder hat, gerät in Zahlungsschwierigkeiten. Die Schulden türmen sich, der Alltag wird eng – eine klassische Situation, wie sie viele erleben. Um sich vor weiteren finanziellen Zugriffen zu schützen, richtet er ein Pfändungsschutzkonto ein, das ihm laut der offiziellen Tabelle ab dem 01.07.2024 einen Freibetrag von 1.500 € sichert.
Doch dann passiert etwas Unerwartetes: Plötzlich stehen ihm nur noch 1.100 € zur Verfügung. Die Sparkasse erklärt, dass die Unterhaltsvorschusskasse (UVK) den Freibetrag gekürzt hat. Der Schock sitzt tief. Kann das sein? Gilt der Freibetrag nicht für jeden gleichermaßen?
Diese Erfahrung wirft eine zentrale Frage auf, die viele Schuldner betrifft: Darf die UVK überhaupt die Pfändungsfreigrenze kürzen?
Umgangsrecht Ferien Vater durchsetzen 👆Pfändungsschutzkonto und Freibeträge
Das P-Konto – oder Pfändungsschutzkonto – schützt Schuldner vor dem vollständigen Zugriff durch Gläubiger. Der Basispfändungsfreibetrag wird regelmäßig angepasst und liegt seit Juli 2024 bei 1.500 €. Das Konto erlaubt es Schuldnern, ein Mindestmaß an Lebenshaltungskosten zu sichern.
Was jedoch häufig übersehen wird: Bei bestimmten Forderungen – insbesondere Unterhalt – gelten Sonderregelungen. Der Gesetzgeber gewährt in diesen Fällen Gläubigern erweiterte Zugriffsmöglichkeiten auf das Einkommen.
Umgangsrecht Vater Sorgerecht Beantragung jetzt durchsetzen 👆Unterhaltspflicht als vorrangige Schuldform
Im deutschen Vollstreckungsrecht nimmt die Unterhaltspflicht eine Sonderstellung ein. § 850d Zivilprozessordnung (ZPO) ermöglicht es Gläubigern, bei titulierten Unterhaltsansprüchen sogar unter die reguläre Pfändungsfreigrenze zu gehen. Damit unterscheidet sich Unterhalt grundlegend von anderen Schuldenarten wie Krediten oder offenen Rechnungen.
Das Ziel: Das Existenzminimum der unterhaltsberechtigten Kinder soll im Zweifel vor dem des Schuldners geschützt werden. Diese gesetzgeberische Priorität erklärt, warum die UVK bei Vorliegen eines Vollstreckungstitels Zugriff auf das P-Konto nehmen kann – selbst wenn dies eine Unterschreitung des Freibetrags bedeutet.
Doppelte Ehe Deutschland Ausland: Gefahr einer Straftat? 👆Unterschied zwischen Selbstbehalt und Pfändungsfreigrenze
Häufig werden zwei Begriffe durcheinandergebracht: der sogenannte Selbstbehalt und die Pfändungsfreigrenze. Der Selbstbehalt beschreibt den Betrag, der einem Unterhaltspflichtigen für seinen eigenen Lebensunterhalt zusteht. Dieser liegt nach den Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle je nach Lebenssituation bei etwa 1.200–1.500 €.
Die Pfändungsfreigrenze hingegen bezieht sich auf das Konto – sie ist technischer Natur und basiert auf der ZPO. Bei Unterhaltsschulden kann der Selbstbehalt zwar maßgeblich sein, aber nicht identisch mit dem geschützten Kontoguthaben. Hier irren sich viele Schuldner.
Scheidung Streit Vermögensaufteilung plötzlich unfair 👆Grundlage der Kürzung durch die UVK
Damit eine solche Kürzung der Pfändungsfreigrenze erfolgt, muss die Unterhaltsvorschusskasse über einen vollstreckbaren Titel verfügen – etwa ein Urteil oder einen rechtskräftigen Unterhaltstitel. Zudem muss die UVK gemäß § 850d Abs. 1 ZPO einen gesonderten Antrag auf Herabsetzung des Pfändungsfreibetrags stellen und diesen durch das Vollstreckungsgericht oder Gerichtsvollzieher durchsetzen lassen.
Der betroffene Schuldner erhält dann einen sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, in dem der reduzierte Freibetrag individuell festgelegt ist. Ohne diesen Beschluss ist eine Kürzung nicht zulässig.
Geld vom Kind einbehalten rechtlich erlaubt? 👆Rechtsprechung zu Unterhalt und Pfändung
Die Rechtsprechung bestätigt, dass bei Unterhaltsschulden der Pfändungsschutz eingeschränkt werden kann. So entschied beispielsweise das Landgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.02.2016 – 2-29 T 194/15), dass bei konsequenter Zahlungsverweigerung auch tiefer in den Selbstbehalt hinein gepfändet werden darf.
Zudem betont der Bundesgerichtshof regelmäßig die herausragende Stellung des Kindesunterhalts im Zwangsvollstreckungsrecht. Der Staat will so sicherstellen, dass Kinder finanziell nicht vernachlässigt werden.
Zugewinnausgleich Zwischenzahlung richtig regeln 👆Auswirkungen auf das alltägliche Leben
Für Betroffene ist die Kürzung der Pfändungsfreigrenze oft ein harter Einschnitt. Wer ohnehin knapp bei Kasse ist, verliert durch die Unterhaltspfändung weiteren Spielraum. Das kann zur Kündigung der Wohnung, zum Ausfall wichtiger Versicherungen oder zur Schuldenspirale führen.
Gleichzeitig mahnt die Rechtsprechung aber auch zur aktiven Verantwortung. Wer den Unterhalt dauerhaft verweigert, riskiert nicht nur die Herabsetzung des Freibetrags, sondern schlimmstenfalls auch strafrechtliche Konsequenzen gemäß § 170 StGB (Verletzung der Unterhaltspflicht).
Umgangsrecht Wochenendwechsel: Muss ich immer zustimmen? 👆Möglichkeiten zur Gegenwehr prüfen
Auch wenn die UVK rechtlich zur Kürzung berechtigt ist, bedeutet das nicht, dass Betroffene keine Mittel zur Verfügung haben. Wer etwa zu Unrecht gepfändet wurde, kann einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung stellen oder einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 765a ZPO einreichen.
Zudem kann man beim zuständigen Familiengericht eine Abänderung des Unterhaltstitels beantragen, wenn sich die Einkommensverhältnisse deutlich verschlechtert haben. In Härtefällen lässt sich auch ein Antrag auf Neufestsetzung des Selbstbehalts stellen.
Missbrauch Vorsorgevollmacht zerstört Familie 👆Wenn neue Lebensgemeinschaften bestehen
Ein Punkt, der oft übersehen wird: Lebt der Schuldner mit einem neuen Partner zusammen, kann das Auswirkungen auf seinen Selbstbehalt haben. Der BGH sieht in solchen Fällen durchaus Potenzial zur Reduzierung des Bedarfs, weil durch die Haushaltsgemeinschaft Einsparungen möglich sind.
Auch dies kann sich indirekt auf die Pfändungsfreigrenze auswirken – etwa wenn das Gericht unterstellt, dass durch die Partnerschaft zusätzliche Mittel verfügbar sind.
Umgangsrecht Psyche Kind: Wenn das Besuchsrecht krank macht 👆Kommunikation mit der Bank nicht vernachlässigen
Ein weiterer Aspekt betrifft die Rolle der Bank. Diese setzt die Reduzierung des Freibetrags lediglich um – entscheidet aber nicht eigenmächtig darüber. Es ist daher ratsam, bei Unklarheiten direkt den Gerichtsbeschluss anzufordern, der zur Kürzung geführt hat.
Ohne diesen schriftlichen Nachweis fehlt dem Schuldner eine rechtliche Grundlage zur Prüfung und ggf. zum Widerspruch. Die Sparkasse oder jede andere Bank ist zur Auskunft verpflichtet, wenn eine solche Maßnahme erfolgt.
Finanzielle Aufteilung Trennung fair gestalten 👆Fazit
Die Frage, ob die Unterhaltsvorschusskasse die Pfändungsfreigrenze einfach so kürzen darf, lässt sich klar beantworten: Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Liegt ein vollstreckbarer Unterhaltstitel vor, kann die UVK über das Gericht einen Antrag nach § 850d ZPO stellen, der den Schutzbereich des P-Kontos reduziert. Dabei steht immer das Kindeswohl im Vordergrund – und das hat im deutschen Rechtssystem oberste Priorität. Wer von einer solchen Maßnahme betroffen ist, sollte sich nicht ohnmächtig fühlen. Es gibt rechtliche Wege, die individuellen Umstände prüfen zu lassen, sei es durch eine Anpassung des Unterhaltstitels, eine Vollstreckungsschutzklage oder durch den Dialog mit der Bank. Wichtig ist vor allem, zwischen Pfändungsfreigrenze und Selbstbehalt zu unterscheiden – zwei Begriffe, die im Alltag oft verwechselt werden. Auch wenn es hart klingt: Die Pfändungsfreigrenze ist nicht unantastbar, wenn es um Unterhaltsrückstände geht.
FAQ
Was ist der Unterschied zwischen Pfändungsfreigrenze und Selbstbehalt?
Die Pfändungsfreigrenze betrifft das P-Konto und regelt, wie viel Geld auf dem Konto vor Pfändung geschützt ist. Der Selbstbehalt hingegen beschreibt den Betrag, der einem Schuldner für seinen Lebensunterhalt bleiben muss – insbesondere im Unterhaltsrecht.
Kann die Unterhaltsvorschusskasse den Freibetrag eigenständig kürzen?
Nein, die Unterhaltsvorschusskasse braucht dazu einen vollstreckbaren Titel sowie einen gerichtlichen Beschluss nach § 850d ZPO. Eine eigenmächtige Kürzung ohne Beschluss ist nicht zulässig.
Warum wird bei Unterhalt unter die Pfändungsfreigrenze gegangen?
Das liegt an der besonderen Schutzwürdigkeit von Unterhaltsansprüchen. Das Gesetz sieht in § 850d ZPO ausdrücklich vor, dass bei Kindesunterhalt auch tiefer gepfändet werden darf, um das Existenzminimum der Kinder zu sichern.
Gilt das auch bei Bürgergeld-Empfängern?
Ja, selbst Bezieher von Bürgergeld sind nicht grundsätzlich geschützt. Auch hier kann bei Vorliegen eines Titels und entsprechender gerichtlicher Anordnung unter die Freigrenze gepfändet werden.
Was kann ich tun, wenn die Kürzung mich finanziell ruiniert?
In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu beantragen oder eine Abänderung des Unterhaltstitels beim Familiengericht zu erreichen. Ein Gespräch mit einem Anwalt oder einer Schuldnerberatung ist hier ratsam.
Wie finde ich heraus, ob ein solcher Beschluss vorliegt?
Die Bank muss auf Nachfrage den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss herausgeben. Nur mit diesem Dokument lässt sich die Rechtmäßigkeit der Kürzung prüfen.
Kann ich den Unterhaltstitel überhaupt ändern lassen?
Ja, wenn sich Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verschlechtert haben, ist eine Herabsetzung des Unterhaltstitels möglich – etwa durch Antrag auf Abänderung beim Familiengericht.
Gilt die Regelung auch, wenn ich mit jemandem zusammenlebe?
Ja. Lebt der Schuldner in einer neuen Partnerschaft, kann das als Haushaltsersparnis gewertet werden. In der Folge kann der Selbstbehalt reduziert werden, was sich indirekt auf die Pfändungsfreigrenze auswirkt.
Ist die Pfändungsfreigrenze grundsätzlich unantastbar?
Nein. Gerade bei Unterhaltsrückständen ist die Pfändungsfreigrenze nicht absolut. Sie kann durch richterlichen Beschluss angepasst werden – ein Irrglaube, der viele Schuldner überrascht.
Welche Rolle spielt der Unterhaltstitel bei der Pfändung?
Der Unterhaltstitel ist die rechtliche Grundlage für jede Vollstreckung durch die Unterhaltsvorschusskasse. Ohne diesen Titel ist keine Pfändung und keine Kürzung der Pfändungsfreigrenze möglich.