Unterhaltszahlung bei Erwerbsminderungsrente – das klingt erstmal kompliziert, ist aber für viele bittere Realität. Wenn die eigene Gesundheit eine Erwerbstätigkeit unmöglich macht und dennoch Unterhaltspflichten bestehen, stellt sich schnell die Frage: Muss man wirklich das letzte Ersparte aufbrauchen?
Rechtliche Grundlagen für Unterhaltspflicht
In Deutschland regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) im § 1601 ff., dass Verwandte in gerader Linie einander zum Unterhalt verpflichtet sind. Das gilt insbesondere für minderjährige Kinder. Aber was passiert, wenn der Unterhaltspflichtige krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten kann?
Erwerbsminderungsrente und Leistungsfähigkeit
Wer eine volle Erwerbsminderungsrente erhält, gilt in der Regel als dauerhaft nicht mehr erwerbsfähig. Laut Rechtsprechung (etwa OLG Hamm, Beschluss vom 07.11.2013 – 2 WF 190/13) ist dies ein starkes Indiz für fehlende Leistungsfähigkeit. Und genau das ist entscheidend: Der Unterhalt bemisst sich nicht nach dem, was einmal verdient wurde, sondern nach dem, was aktuell möglich ist – realistisch und zumutbar.
Selbstbehalt als Schutzgrenze
Das Oberlandesgericht Düsseldorf legt in der „Düsseldorfer Tabelle“ regelmäßig neue Selbstbehaltssätze fest. Für Erwerbsunfähige liegt der Selbstbehalt derzeit bei etwa 1.200 EUR
(Stand 2025). Bedeutet das nun, dass bei einem Renteneinkommen von 900 EUR
keine Unterhaltszahlung mehr fällig ist? Nicht unbedingt. Denn bei Unterhaltspflichten gegenüber minderjährigen Kindern gilt eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit (§ 1603 Abs. 2 BGB).
Muss vorhandenes Vermögen aufgebraucht werden?
Jetzt wird’s knifflig: Was ist mit angespartem Vermögen, z. B. durch frühere Berufstätigkeit oder geschickte Geldanlage?
Keine gesetzliche Freigrenze für Vermögen
Das Gesetz sieht keinen festen Freibetrag für Vermögen vor, das im Fall von Unterhaltspflicht geschützt wäre. Es kommt also auf den Einzelfall an. Wenn das Vermögen zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs benötigt wird – etwa für medizinische Kosten oder einen Puffer im Krankheitsfall – ist die Verwertung nicht zumutbar. So urteilte z. B. das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 03.02.2011 – 16 UF 137/10), dass kein Zwang besteht, Rücklagen vollständig aufzubrauchen, wenn keine realistische Aussicht auf Besserung der Erwerbsfähigkeit besteht.
Rücklagen versus Kindeswohl
Andererseits darf auch das Kindeswohl nicht außer Acht gelassen werden. Wenn der andere Elternteil ein gutes Einkommen hat, kommt ggf. eine sogenannte „Ersatzhaftung“ nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB in Betracht. Das bedeutet: Der besserverdienende Elternteil muss den Unterhalt ggf. allein tragen.
Umgang große Entfernung: Rechte und Pflichten erklärt 👆Realistische Einschätzung der Zahlungspflicht
Angesichts einer Rente von 900 EUR
und einem Selbstbehalt von 1.200 EUR
scheint die finanzielle Leistungsfähigkeit zunächst ausgeschlossen. Trotzdem wird geprüft, ob andere Einnahmen oder verwertbares Vermögen existieren.
Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast?
Wichtig zu wissen: Der unterhaltspflichtige Elternteil – also der Rentner – muss seine mangelnde Leistungsfähigkeit selbst belegen. Das bedeutet: Vorlage ärztlicher Gutachten, Rentenbescheide und Vermögensnachweise. Nur so kann verhindert werden, dass höhere Forderungen durchgesetzt werden.
Bedeutung des guten Kontakts zu den Kindern
Ein emotional relevanter Aspekt bleibt: Wer – wie im vorliegenden Fall – trotz finanzieller Engpässe regelmäßig Unterhalt zahlt und eine enge Bindung zu den Kindern pflegt, zeigt Verantwortungsbewusstsein. Das kann sich positiv auf außergerichtliche Einigungen auswirken.
Unterhalt von Vater fordern: Deine Rechte kennen 👆Zwischenergebnis aus Sicht des Betroffenen
In einer solchen Konstellation – chronisch krank, geringe Erwerbsminderungsrente, moderate Rücklagen – ist es wahrscheinlich, dass die Gerichte keine drastische Aufzehrung des Vermögens verlangen. Voraussetzung: Transparenz und Nachweise.