Der Versorgungsausgleich bei Rentnern sorgt oft für Verwirrung: Muss die ärmere Ehefrau dem pensionierten Ehemann Rentenpunkte abgeben? Erfahre, wann das Gericht Ausnahmen zulässt und welche Rechte du wirklich hast.
Versorgungsausgleich bei älteren Ehepaaren
Eine späte Ehe kann vieles verändern – auch die Rente. In unserem Beispiel heiratete ein pensionierter Beamter eine Frau, die kurz vor ihrem Renteneintritt stand. Er erhielt bereits eine staatliche Pension, sie jedoch bezog Arbeitslosengeld I, nachdem ihr Betrieb geschlossen wurde. Nach sechs Jahren Ehe kam die Scheidung. Die Frage, die sich viele stellen: Muss die Frau nun von ihrer ohnehin geringen Rente noch etwas an ihren Ex-Mann abgeben?
Tatsächlich sieht das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) vor, dass bei einer Scheidung die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften beider Ehepartner geteilt werden. Aber das Leben ist selten so einfach, wie es das Gesetz vermuten lässt. Gerade bei Paaren, bei denen einer bereits Rentner ist, kann die Teilung als ungerecht empfunden werden – besonders, wenn der wirtschaftlich Schwächere dadurch noch weniger hat.
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Der Versorgungsausgleich ist in den §§ 1 ff. VersAusglG geregelt. Er soll sicherstellen, dass beide Ehepartner gleichmäßig an den während der Ehe aufgebauten Altersversorgungen beteiligt werden. Dabei werden alle Anwartschaften, egal ob gesetzliche Renten, Beamtenpensionen oder betriebliche Zusatzrenten, einbezogen.
Gleichheit im Eheverhältnis
Die Idee ist simpel: Was in der Ehe gemeinsam erwirtschaftet wurde, wird auch geteilt. Doch wenn einer der Partner bereits in Rente ist, kann er keine neuen Ansprüche mehr erwerben. Das führt dazu, dass nur die andere Seite Anwartschaften aufbaut – und diese dann halbiert werden. Klingt absurd? Für viele Betroffene ist es das auch.
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In unserem Fall hatte der Mann bereits eine hohe Pension, während die Frau durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes auf Arbeitslosengeld angewiesen war. Während dieser Zeit zahlte die Bundesagentur für Arbeit weiterhin Beiträge zur Rentenversicherung – so entstanden kleine neue Rentenpunkte. Diese winzigen Zuwächse werden nun beim Versorgungsausgleich berücksichtigt.
Das Ergebnis: Der Mann, der ohnehin ein Vielfaches ihrer Bezüge erhält, könnte von diesen Punkten profitieren. Für ihn sind es ein paar Euro im Monat, für sie kann es existenziell sein. Doch das Gericht prüft nicht automatisch, ob das “gerecht” ist – sondern zunächst nur, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Ehebruch Trennungsjahr Jetzt handeln 👆Ausnahmen wegen grober Unbilligkeit
Der zentrale Rettungsanker in solchen Fällen ist § 27 VersAusglG. Dort steht: Der Versorgungsausgleich kann ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, wenn seine Durchführung „grob unbillig“ wäre. Grobe Unbilligkeit liegt vor, wenn die gesetzliche Regelung im Einzelfall zu einem Ergebnis führt, das mit dem Gerechtigkeitsgedanken unvereinbar ist.
Wann liegt grobe Unbilligkeit vor?
Die Rechtsprechung (z. B. BGH, Beschluss vom 14.03.2012 – XII ZB 469/10) nennt Beispiele:
Wenn einer der Ehepartner während der Ehe keinerlei Beiträge leisten konnte, weil er krank oder pflegebedürftig war, oder wenn der andere Partner bewusst wirtschaftlich profitiert hat, ohne etwas beizutragen. Auch wenn ein Partner bereits eine besonders hohe Versorgung bezieht und der andere dadurch faktisch bestraft würde, kann das Gericht einen Ausschluss prüfen.
Aber Achtung: Die Hürde liegt hoch. Es reicht nicht, dass das Ergebnis “ungerecht” wirkt – es muss eine klare Unverhältnismäßigkeit vorliegen.
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Gerichte legen großen Wert auf die Gesamtsituation. Entscheidend sind etwa die Dauer der Ehe, die wirtschaftliche Lage beider Partner, gesundheitliche Aspekte und die gegenseitige Verantwortung während der Ehezeit. Wer also nachweisen kann, dass der andere Partner bereits vollständig versorgt war und der eigene Anteil kaum ins Gewicht fällt, hat Chancen auf einen teilweisen Ausschluss.
Der Einfluss der Ehedauer
Bei Ehen, die kürzer als zehn Jahre dauern, ist der Versorgungsausgleich oft gering. Bei einer Ehe von sechs Jahren – wie im Beispiel – sind die zu teilenden Anwartschaften ohnehin überschaubar. Dennoch sollte man die Berechnungen prüfen lassen. Schon kleine Unterschiede können sich langfristig auswirken.
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Wer sich in einer ähnlichen Lage befindet, sollte frühzeitig handeln. Der Versorgungsausgleich wird vom Familiengericht automatisch geprüft, sobald ein Scheidungsantrag eingeht (§ 6 VersAusglG). Das heißt: Selbst wenn kein Partner den Antrag stellt, wird das Gericht die Teilung berechnen lassen.
Anwaltliche Unterstützung
Gerade bei komplexen Fällen mit Pensionen, Beamtenrechten und kleinen Renten ist anwaltliche Beratung unverzichtbar. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann prüfen, ob § 27 VersAusglG anwendbar ist und ob man einen Antrag auf Ausschluss oder Begrenzung stellen sollte.
Ein solcher Antrag muss begründet werden – zum Beispiel mit Nachweisen über die Einkommensverhältnisse, Rentenbescheide oder ärztliche Gutachten.
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Man sollte sich bewusst machen, dass der Versorgungsausgleich unabhängig von möglichem nachehelichem Unterhalt funktioniert. Auch wenn der eine Partner Unterhalt erhält oder zahlen muss, wird der Rentenausgleich getrennt betrachtet. Trotzdem kann das Gericht in seltenen Fällen beide Faktoren gemeinsam würdigen, um extreme Ungerechtigkeiten zu vermeiden.
Unterhalt als ergänzender Schutz
In manchen Fällen kann ein geringer Rentenverlust durch nachehelichen Unterhalt ausgeglichen werden (§ 1570 ff. BGB). Das gilt besonders, wenn einer der Partner nach der Scheidung wirtschaftlich nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu sichern. Allerdings muss ein solcher Anspruch gesondert beantragt werden.
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Viele Betroffene empfinden den Versorgungsausgleich als kalt und unfair – besonders, wenn er das Gegenteil von dem bewirkt, was beabsichtigt war. Eigentlich soll das System für Gerechtigkeit sorgen, aber in der Realität trifft es oft die Falschen. Eine Frau, die jahrelang wirtschaftlich kämpft, soll von ihrer kleinen Rente noch etwas abgeben? Das fühlt sich falsch an, selbst wenn es juristisch korrekt ist.
Doch genau hier zeigt sich, warum § 27 VersAusglG wichtig ist: Er lässt Raum für Menschlichkeit. Und auch wenn Gerichte selten Ausnahmen zulassen, gibt es sie – vor allem, wenn glaubhaft dargelegt werden kann, dass der Ausgleich zur existenziellen Bedrohung führen würde.
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Der Versorgungsausgleich bei Rentnern ist ein hochkomplexes Thema, das schnell an emotionale und existentielle Grenzen stoßen kann. Besonders wenn eine wirtschaftlich schwächere Person mit minimaler Rente im Rahmen einer Scheidung auch noch Rentenpunkte abgeben soll, obwohl der andere bereits eine üppige Pension bezieht, wirkt das System oft widersprüchlich. Doch es gibt Hoffnung: Der § 27 VersAusglG bietet eine rechtliche Grundlage, um grobe Unbilligkeit geltend zu machen – vorausgesetzt, man kann sie schlüssig darlegen. Wichtig ist, sich frühzeitig beraten zu lassen, die Rentenbescheide offen zu legen und einen Anwalt einzuschalten, der die konkrete Situation bewertet. Der Versorgungsausgleich bei Rentnern ist also keine starre Automatismus-Frage, sondern ein Thema mit Spielraum – man muss ihn nur kennen und nutzen.
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Was bedeutet Versorgungsausgleich bei Rentnern?
Der Versorgungsausgleich ist der gesetzliche Ausgleich der während der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche. Auch bei Rentnern findet dieser Ausgleich statt, sofern während der Ehe Rentenpunkte oder andere Versorgungen entstanden sind.
Muss eine Frau mit Mini-Rente Versorgungspunkte abgeben?
Wenn sie während der Ehe Rentenanwartschaften erworben hat, ja. Die Hälfte dieser Punkte wird im Versorgungsausgleich aufgeteilt – auch wenn der Ex-Mann bereits eine hohe Pension bezieht.
Gibt es Ausnahmen vom Versorgungsausgleich?
Ja. Laut § 27 VersAusglG kann der Ausgleich ausgeschlossen werden, wenn er grob unbillig wäre. Die Hürden dafür sind aber hoch und erfordern eine individuelle Einzelfallprüfung.
Wann ist eine grobe Unbilligkeit gegeben?
Zum Beispiel, wenn der wirtschaftlich schwächere Partner durch den Versorgungsausgleich unter das Existenzminimum rutscht oder wenn der andere Partner von vornherein vollständig versorgt war.
Was passiert, wenn der Ex-Partner bereits pensioniert ist?
Auch dann wird geprüft, ob während der Ehe neue Anwartschaften entstanden sind. Der Versorgungsausgleich bezieht sich nur auf die Ehezeit – vorher oder nachher aufgebaute Ansprüche bleiben außen vor.
Wird eine kurze Ehe auch berücksichtigt?
Ja, aber bei einer Ehedauer unter drei Jahren erfolgt der Versorgungsausgleich nur auf Antrag. Bei sechs Jahren Ehe – wie im Fallbeispiel – wird er grundsätzlich durchgeführt.
Was kann ich tun, wenn ich den Ausgleich ungerecht finde?
Dann solltest du mit einem Anwalt prüfen, ob ein Antrag auf Ausschluss wegen grober Unbilligkeit möglich ist. Das Gericht entscheidet im Einzelfall auf Basis der konkreten Lebenssituation.
Beeinflusst der Versorgungsausgleich den nachehelichen Unterhalt?
Rechtlich gesehen sind Versorgungsausgleich und Unterhalt getrennte Themen. Es kann aber in der Gesamtbetrachtung des Gerichts eine Rolle spielen, etwa bei besonders großer Ungleichverteilung.
Wer entscheidet über den Versorgungsausgleich?
Das Familiengericht prüft und berechnet den Ausgleich im Rahmen des Scheidungsverfahrens – auch ohne Antrag der Parteien. Ein Ausschluss muss jedoch ausdrücklich beantragt werden.
Kann ich auf den Versorgungsausgleich freiwillig verzichten?
Ja, mit notarieller Vereinbarung oder im Scheidungstermin vor Gericht. Beide Parteien müssen dem Verzicht zustimmen. In streitigen Fällen entscheidet das Gericht nach geltendem Recht.
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