Zugewinn nach Erbschaft Hausübertragung – dieser Fall sorgt oft für Unsicherheit, vor allem wenn die Hausübertragung kurz nach der Eheschließung stattfand. Wie wird das Vermögen richtig eingeordnet, und was passiert, wenn kein Nachweis für Eigenkapital vorliegt? Genau darum geht es in diesem Beitrag.
Erbschaft und Zugewinngemeinschaft
Zunächst einmal muss man verstehen, wie das System der Zugewinngemeinschaft überhaupt funktioniert. In Deutschland leben Ehepartner, sofern sie nichts anderes vereinbaren, automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet nicht, dass automatisch gemeinsames Eigentum entsteht – vielmehr wird bei einer Scheidung der während der Ehe erworbene Vermögenszuwachs (der sogenannte „Zugewinn“) ausgeglichen.
Anfangsvermögen und gesetzliche Grundlage
Was zum sogenannten Anfangsvermögen gehört, ist in § 1374 BGB geregelt. Danach zählen alle Vermögenswerte, die ein Ehepartner bereits vor der Eheschließung hatte, zum Anfangsvermögen. Auch Schenkungen und Erbschaften nach der Eheschließung werden dem Anfangsvermögen zugeordnet – unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbs (§ 1374 Abs. 2 BGB). Das bedeutet konkret: Ein geerbtes Haus zählt grundsätzlich nicht zum Zugewinn, sondern erhöht das Anfangsvermögen.
Übergabevertrag nach der Ehe
Im konkreten Fall wurde das Haus im Januar 2017 per notariellen Übergabevertrag übertragen – also nach der Eheschließung im Dezember 2016. Rein formal betrachtet wurde das Haus somit während der Ehe übertragen. Dennoch ist klar: Wenn es sich dabei um eine Schenkung oder Erbschaft handelt – und das wurde hier als vorweggenommene Erbfolge beschrieben – wird der Hauswert gemäß § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen zugeordnet.
Trennung mit 60 Neuanfang wagen 👆Die 70.000 € Zahlungspflicht
Ein zentraler Streitpunkt ist der Betrag von 70.000 €, den der Erbe aus der Schenkung heraus zahlen musste – teils zur Kreditablösung, teils als Ausgleich an einen Verwandten. Die entscheidende Frage lautet: Stammt dieses Geld aus dem vor der Ehe vorhandenen Vermögen oder wurde es erst während der Ehe angespart?
Kein Nachweis für das Eigenkapital?
Hier zeigt sich ein häufiger Konflikt im Familienrecht: Was tun, wenn es keinen schriftlichen Beleg für das Geld gibt? In der Praxis spielt der Nachweis des Anfangsvermögens eine große Rolle. Denn wer einen bestimmten Betrag als vorbestehendes Vermögen geltend macht, muss dies belegen können. § 1377 BGB regelt ausdrücklich, dass das Anfangsvermögen im Zweifel mit null Euro anzusetzen ist, wenn kein Nachweis erbracht werden kann.
Mögliche Argumentationsstrategie
Selbst wenn der genaue Nachweis fehlt, können Indizien (z.B. Alter, Beruf, damalige Einkommenssituation, etwaige Kontoauszüge) dazu beitragen, glaubhaft zu machen, dass das Geld bereits vor der Ehe vorhanden war. Ein Gericht würde im Streitfall eine sogenannte Beweiswürdigung vornehmen. Oft reicht es aus, wenn plausibel gemacht werden kann, dass das Geld nicht aus der Ehezeit stammt.
Kindesunterhalt bei ungleichem Einkommen erklärt 👆Wert des Hauses im Anfangsvermögen
Ein weiterer Punkt ist die Bewertung des Hauses. Im geschilderten Fall lag der Marktwert des Hauses zum Zeitpunkt der Übertragung bei 330.000 €. Wenn man davon ausgeht, dass die 70.000 € als eigene Leistung eingebracht wurden, verbleiben 260.000 €, die unstreitig als schenkweise Zuwendung zählen und ins Anfangsvermögen aufgenommen werden.
Komplettwert oder abzüglich Leistung?
Rein juristisch ist das Haus als Gesamtzuwendung im Wert von 330.000 € zu betrachten. Die 70.000 € waren Auflagen der Schenkung, die dem Erben auferlegt wurden. Diese mindern den wirtschaftlichen Wert der Zuwendung nicht automatisch – es sei denn, sie wurden aus dem Vermögen während der Ehe gezahlt. Dann wären sie als Belastung zu berücksichtigen, und der Anfangsvermögenswert könnte bei 260.000 € liegen.
Umgangsrecht Unterhalt Nachweise: Was ist erlaubt? 👆Beweissicherung und strategisches Vorgehen
Wichtig ist, dass alle verfügbaren Unterlagen gesichert werden. Viele Banken speichern Kontoauszüge bis zu 10 Jahre – ein Antrag auf Kopie lohnt sich also, insbesondere im Hinblick auf die Nachweispflicht nach § 1377 BGB.
Tipps für die Beweiserhebung
Gerade bei Schenkungen mit Auflagen lohnt sich eine frühzeitige rechtliche Beratung. Ein Anwalt kann helfen, notariell beglaubigte Dokumente, Bankunterlagen oder Zeugenaussagen strategisch aufzubereiten. Denn je besser das Anfangsvermögen dokumentiert ist, desto geringer fällt am Ende der Zugewinnausgleich aus.
Toxische Exfrau Familienrecht: Was Sie tun dürfen 👆Rechtsprechung zur Anrechnung
Die Rechtsprechung bestätigt regelmäßig, dass Schenkungen mit Auflage grundsätzlich dem Anfangsvermögen zuzurechnen sind. Das OLG München (Beschluss vom 13.02.2013, Az. 12 UF 1069/12) stellte klar: Wird ein Vermögensgegenstand unter der Bedingung übergeben, dass bestimmte Zahlungen geleistet werden, gehört dieser vollständig ins Anfangsvermögen, sofern der Empfänger diese Belastungen aus eigenen Mitteln trägt, die vor der Ehe bestanden.
Was sagt die Praxis?
In der Praxis kommt es weniger auf juristische Spitzfindigkeiten als auf die Beleglage an. Wer glaubhaft machen kann, dass das Hausgeschenk keine eheliche Vermögensmehrung darstellte, wird das Vermögen schützen können. Problematisch wird es immer dann, wenn der andere Ehepartner Zweifel anmeldet oder Nachweise fehlen.
Aufenthaltsbestimmungsrecht häusliche Gewalt – Mutter kämpft ums Sorgerecht 👆Fazit
Zugewinn nach Erbschaft Hausübertragung ist ein Thema, das auf den ersten Blick kompliziert wirkt, sich bei genauerer Betrachtung aber recht klar darstellen lässt – sofern man die gesetzlichen Grundlagen kennt. Wird ein Haus im Wege der vorweggenommenen Erbfolge nach der Eheschließung übertragen, zählt es gemäß § 1374 Abs. 2 BGB grundsätzlich zum Anfangsvermögen und fällt somit nicht in den Zugewinn. Die große Herausforderung besteht allerdings darin, die eigenen Zahlungen – wie im Beispiel die 70.000 € – ebenfalls als voreheliches Vermögen nachzuweisen. Gelingt das, wird nur der verbleibende Wert als geschenktes Anfangsvermögen behandelt. Ohne Nachweis hingegen könnte die gesamte Summe dem Anfangsvermögen zugeordnet werden, was ausnahmsweise sogar vorteilhaft sein kann. Wer also die Zugewinn nach Erbschaft Hausübertragung korrekt einordnen will, sollte frühzeitig die Unterlagen sichern und sich bei Unsicherheiten juristisch beraten lassen.
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Fällt ein Haus, das nach der Eheschließung übertragen wurde, in den Zugewinn?
Nein, wenn es sich um eine Erbschaft oder Schenkung handelt, fällt der Wert des Hauses gemäß § 1374 Abs. 2 BGB nicht in den Zugewinn, sondern wird dem Anfangsvermögen zugeordnet.
Was passiert, wenn ich die 70.000 € Eigenleistung nicht nachweisen kann?
Dann wird das gesamte Haus – also im Beispiel mit dem Wert von 330.000 € – als Anfangsvermögen angesetzt. Dies ist nicht zwingend nachteilig, da es so vollständig dem Zugewinn entzogen bleibt.
Gilt eine vorweggenommene Erbfolge wie eine Erbschaft im Sinne des § 1374 BGB?
Ja, auch eine vorweggenommene Erbfolge gilt als unentgeltliche Zuwendung und zählt daher zum privilegierten Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB.
Kann man die Zahlungspflichten aus einer Schenkung vom Anfangsvermögen abziehen?
Das ist nur möglich, wenn die Zahlung aus Vermögen erfolgte, das bereits vor der Ehe vorhanden war – und das auch belegbar ist. Andernfalls werden sie nicht abgezogen.
Wie kann ich nachträglich belegen, dass das Geld vor der Ehe vorhanden war?
Man kann versuchen, über alte Kontoauszüge, Schenkungsbestätigungen oder andere schriftliche Unterlagen einen glaubhaften Nachweis zu führen. Banken heben Kontoauszüge oft 10 Jahre lang auf – ein Antrag lohnt sich also.
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