Zugewinnausgleich Girokonto: Wann zählt das Ersparte?

Wenn sich ein Ehepaar trennt, steht früher oder später der Zugewinnausgleich im Raum – doch wie sieht es mit dem Geld auf dem Girokonto aus? Gerade beim Thema „Zugewinnausgleich Girokonto“ herrscht oft Unsicherheit. Zählt das dort angesparte Geld mit oder bleibt es außen vor? In diesem Beitrag klären wir die wichtigsten Punkte rund um Erspartes auf Girokonten im Scheidungsverfahren.

Streit um Erspartes auf dem Girokonto

Ein Ehepaar steht kurz vor der Scheidung, der Termin beim Familiengericht ist schon angesetzt. Während der Ehe hat die Ehefrau auf ihrem Girokonto etwa 20.000 Euro angespart. Der Ehemann muss wiederum aufgrund einer Direktversicherung, die er über seinen Arbeitgeber abgeschlossen hatte, einen bestimmten Betrag in den Zugewinnausgleich einbringen. Verständlich, dass er sich fragt: Muss auch das Giroguthaben seiner Frau berücksichtigt werden?

Diese Frage ist nicht nur emotional aufgeladen, sondern auch juristisch komplex. Besonders schwierig wird es, wenn die anwaltliche Beratung unklar bleibt oder Fragen nicht konkret beantwortet werden – wie im geschilderten Fall. Die Unsicherheit über die Berücksichtigung von Guthaben auf einem Girokonto führt häufig zu Konflikten, insbesondere wenn der eine Ehepartner das Gefühl hat, benachteiligt zu werden.

Wechselmodell Unterhalt Vater: Was ist gerecht? 👆

Grundprinzip des Zugewinnausgleichs

Der Zugewinnausgleich basiert auf § 1373 BGB und stellt sicher, dass Vermögen, das während der Ehe gemeinsam erwirtschaftet wurde, fair zwischen den Ehepartnern aufgeteilt wird. Maßgeblich ist dabei der Unterschied zwischen dem Anfangsvermögen (bei Eheschließung) und dem Endvermögen (zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags).

Im Prinzip bedeutet das: Alles, was während der Ehe angespart oder erwirtschaftet wurde – einschließlich Geld auf einem Girokonto – zählt grundsätzlich zum Zugewinn. Das gilt selbstverständlich auch für beide Seiten.

Falsche Anschuldigung Trennung: Folgen und Lösungen 👆

Was zählt beim Girokonto als Zugewinn?

Ob Erspartes auf einem Girokonto in den Zugewinnausgleich fällt, hängt davon ab, wann das Geld angespart wurde. Entscheidend ist nicht das Konto selbst, sondern das Vermögen darauf.

Geld, das während der Ehe angespart wurde

Wurde das Guthaben nach der Eheschließung und vor Zustellung des Scheidungsantrags aufgebaut, gilt es als Zugewinn. Das heißt, dieses Geld wird in das Endvermögen einbezogen. Die Differenz zum Anfangsvermögen bildet dann die Grundlage für den Ausgleich.

Guthaben aus der Zeit vor der Ehe

War das Geld schon vor der Eheschließung vorhanden, zählt es zum Anfangsvermögen. Das Anfangsvermögen wird bei der Berechnung des Zugewinns berücksichtigt und mindert somit den Ausgleichsanspruch des anderen Ehepartners. Voraussetzung ist jedoch, dass dieses Anfangsvermögen nachgewiesen werden kann – beispielsweise durch Kontoauszüge oder Steuerunterlagen.

Schenkungen und Erbschaften

Auch wenn während der Ehe Schenkungen oder Erbschaften auf dem Girokonto eingehen, werden sie laut § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen zugerechnet – allerdings unter der Voraussetzung, dass sie eindeutig als solche identifizierbar sind. Auch hier gilt: Ohne Nachweis können solche Beträge dem Zugewinn zugerechnet werden.

Hol- und Bringpflicht Umgang: Wer ist verantwortlich? 👆

Die Rolle der Direktversicherung im Vergleich

Direktversicherungen, wie sie häufig über den Arbeitgeber abgeschlossen werden, zählen zu den Versorgungsanrechten und unterliegen dem Versorgungsausgleich (§ 1 VersAusglG). Das bedeutet: Nur die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften werden berücksichtigt – und nicht etwa der gesamte Betrag, den jemand vielleicht über Jahrzehnte angespart hat.

In dem hier betrachteten Fall wurde die Direktversicherung schon lange vor der Ehe abgeschlossen, aber während der Ehe weitergeführt. Nach § 2 VersAusglG wird nur der Anteil, der in der Ehezeit eingezahlt wurde, im Versorgungsausgleich berücksichtigt – unabhängig davon, ob der Auszahlungsbetrag höher war.

Jugendamt Falle und Mutter-Kind-Heim: Ein Fall im Fokus 👆

Probleme bei der anwaltlichen Kommunikation

Was diesen Fall besonders pikant macht, ist die Unsicherheit gegenüber dem eigenen Anwalt. Wenn ein Rechtsanwalt immer wieder nur „Prüfung“ ankreuzt, aber keine klaren Einschätzungen liefert, ist das nicht nur frustrierend – es kann auch existenzielle Auswirkungen auf die Vermögensverteilung haben.

Tatsächlich ist es aber üblich, dass Anwälte Dokumente mit dem Hinweis auf „Kenntnisnahme und Prüfung“ an ihre Mandanten weitergeben. Sie erwarten, dass der Mandant mögliche Fehler entdeckt, da der Anwalt nicht für alle Inhalte haftet, wenn diese nicht konkret beauftragt wurden (§ 675 Abs. 2 BGB). Trotzdem sollte ein gutes Mandatsverhältnis durch klare Kommunikation geprägt sein.

Aussage vor Anwalt zurückziehen: Umgangsrecht Kind 👆

Was tun bei unklarer Vermögenslage?

Wenn bisher keine Kontodaten des Ehepartners in das Verfahren eingeführt wurden, ist das ein Warnsignal. Es besteht die Möglichkeit, dass hier Vermögenswerte dem Zugewinnausgleich entzogen werden – sei es aus Unkenntnis oder Absicht. In so einem Fall können folgende Schritte hilfreich sein.

Antrag auf Auskunft nach § 1379 BGB

Jeder Ehepartner hat das Recht, vom anderen eine vollständige Aufstellung des Vermögens zum Zeitpunkt der Eheschließung und zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags zu verlangen. Dies umfasst auch Kontoauszüge, Depots und andere Vermögenswerte. Wird diese Auskunft verweigert, kann sie gerichtlich durchgesetzt werden.

Vermögensauskunft konkret einfordern

Es reicht nicht aus, nur zu vermuten, dass Guthaben vorhanden ist. Es muss eine konkrete Auskunft eingefordert werden. Wenn der Verdacht besteht, dass größere Geldsummen auf Konten liegen, kann das Familiengericht über einen entsprechenden Antrag auf Auskunft oder Offenlegung entscheiden.

Anwaltswechsel trotz laufendem Verfahren?

Kurz vor dem Scheidungstermin wirkt ein Anwaltswechsel riskant. Dennoch: Wenn das Vertrauen komplett gestört ist und der Anwalt auf wichtige Nachfragen keine klaren Antworten liefert, kann ein Wechsel sinnvoll sein. Beachten Sie dabei jedoch, dass ein neuer Anwalt sich kurzfristig einarbeiten muss und dadurch zusätzliche Kosten entstehen können.

Auch wichtig: Ein Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem alten Anwalt besteht nur dann, wenn ein eindeutiger Pflichtverstoß nachgewiesen werden kann.

Immobilien Schenkung Zugewinn – Wer darf was verlangen? 👆

Was gilt für Gemeinschaftskonten?

Etwas komplizierter wird es bei Gemeinschaftskonten. Bei diesen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Guthaben beiden Ehepartnern zu gleichen Teilen gehört – es sei denn, es kann durch Belege nachgewiesen werden, dass einer der beiden das gesamte Guthaben allein erwirtschaftet hat.

In solchen Fällen kann der Anteil des anderen Partners ebenfalls zum Zugewinn zählen – auch dann, wenn dieser keinen aktiven Zugriff auf das Konto hatte. Das bedeutet: Auch scheinbar „vergessene“ Konten sollten bei der Aufstellung des Endvermögens geprüft werden.

Gerichtlicher Umgangsbeschluss verweigert – was tun? 👆

Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll?

Gerade wenn ein Ehepartner vor der Ehe über deutlich höhere Ersparnisse verfügt oder langfristige Verträge wie eine Direktversicherung bestehen, kann ein Ehevertrag helfen, spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Hier kann zum Beispiel geregelt werden, dass bestimmte Vermögensbestandteile – wie etwa Erspartes auf einem bestimmten Girokonto – vom Zugewinnausgleich ausgenommen sind.

Ein solcher Vertrag muss notariell beurkundet werden (§ 1408 BGB) und sollte idealerweise bereits vor der Eheschließung abgeschlossen werden. Aber auch während der Ehe kann ein Ehevertrag noch wirksam geschlossen werden.

Umgangsverbot Großeltern Kind: Rechte verstehen 👆

Fazit

Beim Zugewinnausgleich kommt es entscheidend darauf an, wann und wie das Vermögen – etwa Erspartes auf einem Girokonto – während der Ehe aufgebaut wurde. Ist das Guthaben während der Ehe entstanden, zählt es in der Regel vollständig zum Zugewinn. Wurde es hingegen vor der Ehe angespart oder stammt es aus einer Schenkung oder Erbschaft, bleibt es im Normalfall außen vor – vorausgesetzt, der betreffende Ehepartner kann dies nachweisen. Gerade beim Thema „Zugewinnausgleich Girokonto“ ist es wichtig, frühzeitig vollständige Auskünfte einzufordern und die Vermögensverhältnisse offenlegen zu lassen. Fehlen diese Informationen oder bleiben Fragen unbeantwortet, sollte man im Zweifel auch über einen Anwaltswechsel nachdenken – besonders wenn der Eindruck entsteht, dass wichtige Aspekte wie Girokonten systematisch ignoriert werden. Letztlich geht es um Fairness, Transparenz und die konsequente Anwendung des § 1373 ff. BGB.

Herausgabe nach Trennung verweigert – Was tun? 👆

FAQ

Was zählt beim Zugewinnausgleich als Zugewinn?

Zum Zugewinn zählt grundsätzlich das Vermögen, das während der Ehe durch Arbeit, Sparen oder Investitionen hinzugewonnen wurde. Auch das Ersparte auf einem Girokonto zählt dazu, wenn es während der Ehe angespart wurde.

Wird das gesamte Girokonto im Zugewinnausgleich berücksichtigt?

Nicht automatisch. Nur das Guthaben, das während der Ehezeit angespart wurde, fällt unter den Zugewinnausgleich Girokonto. Guthaben vor der Ehe oder aus Erbschaften kann ausgeschlossen sein.

Muss ich Kontobewegungen meiner Ehefrau offenlegen lassen?

Ja, gemäß § 1379 BGB können Sie eine Auskunft über das Vermögen des Ehepartners verlangen. Dazu zählen auch Kontoauszüge und Informationen zu Erspartem.

Wie wird bei einem Gemeinschaftskonto der Zugewinn berechnet?

In der Regel wird das Guthaben eines Gemeinschaftskontos zu gleichen Teilen auf beide Ehepartner aufgeteilt – es sei denn, einer kann eindeutig belegen, dass er das gesamte Vermögen allein eingebracht hat.

Zählt eine Direktversicherung auch zum Zugewinn?

Nicht direkt. Direktversicherungen fallen unter den Versorgungsausgleich, der separat zum Zugewinnausgleich behandelt wird. Entscheidend ist, welcher Anteil der Versicherung während der Ehezeit eingezahlt wurde.

Wie kann ich verhindern, dass meine Ersparnisse in den Zugewinn fallen?

Nur durch einen notariell beurkundeten Ehevertrag (§ 1408 BGB) können Vermögenswerte wie Erspartes auf dem Girokonto explizit vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden.

Was passiert, wenn mein Anwalt wichtige Vermögenswerte nicht berücksichtigt?

Dann kann es sinnvoll sein, einen Anwaltswechsel zu prüfen – auch kurzfristig. Ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht jedoch nur bei nachweisbarem Pflichtverstoß.

Muss ich alle Kontoauszüge zur Berechnung des Zugewinns vorlegen?

Ja, zur korrekten Berechnung des Zugewinnausgleichs sind umfassende Nachweise nötig. Dazu gehören auch Kontoauszüge vom Anfangs- und Endzeitpunkt der Ehezeit.

Wie ist der Stichtag für das Endvermögen definiert?

Der Stichtag ist der letzte Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 1384 BGB). Alle bis dahin vorhandenen Vermögenswerte – auch auf dem Girokonto – sind relevant.

Kann ich nach der Scheidung noch auf ein vergessenes Konto Anspruch erheben?

Ja, wenn Sie nachträglich erfahren, dass der Ex-Partner ein Konto verschwiegen hat, können Sie gemäß § 1379 BGB eine Nachverhandlung oder Korrektur des Zugewinnausgleichs beantragen. Dabei spielt der Nachweis eine entscheidende Rolle.

Unterhaltsvorschuss Rückzahlung bei Bürgergeld? 👆
0 0 votes
Article Rating
Subscribe
Notify of
guest
0 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments